Leitsatz

Gemäß § 21 Abs. 4 WEG i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass das gemeinschaftliche Eigentum plangerecht hergestellt wird. Vergleichsmaßstab für den planmäßigen Zustand sind die Teilungserklärung, die Gemeinschaftsordnung, der Aufteilungsplan und die Baupläne.

 

Normenkette

WEG § 10 Abs. 2 Satz 2, § 21 Abs. 4

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer K geht gegen einen Beschluss vor, mit dem die anderen beiden Wohnungseigentümer seinen Antrag, eine Müllstandsfläche einzurichten, abgelehnt haben. In der Gemeinschaftsordnung bzw. in einer Anlage zu ihr heißt es insoweit wie folgt:

    Die grün gekennzeichnete Grundstücksfläche dient allen Eigentümern als gemeinsame Zufahrt und Zuwegung sowie Müllstandsfläche und verbleibt im uneingeschränkten Gemeinschaftseigentum.

  2. Das Amtsgericht (AG) erklärt den Negativbeschluss für ungültig und ersetzt diesen durch einen gerichtlichen Beschluss, wonach die in der Gemeinschaftsordnung sowie im Aufteilungsplan vorgesehene Müllstandsfläche"durch die Gemeinschaft und auf deren Kosten" hergestellt wird und die Kosten nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile verteilt werden, sodass jedes Sondereigentum mit einem Drittel belastet wird. Zur Begründung führt es aus, das Ermessen der Wohnungseigentümer sei auf "null" reduziert. Es entspreche allein ordnungsmäßiger Verwaltung, die in der Gemeinschaftsordnung getroffene Vereinbarung umzusetzen. Hierauf bestehe ein Rechtsanspruch. Für ihre Behauptung, die Wohnungseigentümer hätten sich auf eine andere Handhabung als in der Gemeinschaftsordnung vorgesehen verständigt, fehle ein Beweisangebot. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen.
  3. Gegen dieses Urteil legen die beiden anderen Wohnungseigentümer Berufung ein. Sie tragen vor, das AG sei ihrer Behauptung, es habe eine von den Regelungen der Gemeinschaftsordnung abweichende Vereinbarung zwischen den Wohnungseigentümern gegeben, nicht hinreichend nachgegangen. Insbesondere wäre eine Anhörung in Betracht gekommen. Schließlich sei es 20 Jahre lang so gehandhabt worden, dass ein Standplatz für Mülltonnen bei den jeweiligen einzelnen Einfamilienhäusern errichtet worden sei. Sofern sich aufgrund einer Anhörung der Parteien eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit ihrer Darstellung ergeben hätte, wäre auch eine Parteivernehmung in Betracht gekommen.
 

Die Entscheidung

Die Berufung hat keinen Erfolg. Zutreffend sei das AG zu dem Ergebnis gelangt, dass der klagende Wohnungseigentümer einen Anspruch darauf habe, dass ein den Vorgaben der Gemeinschaftsordnung entsprechender Zustand (erstmalig) herzustellen sei.

Anspruch auf ordnungsmäßige Erstherstellung

  1. Gemäß § 21 Abs. 4 WEG i.V.m. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG könne jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass das gemeinschaftliche Eigentum plangerecht hergestellt werde. Vergleichsmaßstab für den planmäßigen Zustand seien die Teilungserklärung, die Gemeinschaftsordnung, der Aufteilungsplan und die Baupläne (Hinweis u.a. auf LG Berlin, Urteil v. 5.5.2013, 55 S 52/12 WEG, ZWE 2014 S. 40).
  2. Im Fall sei nach der Gemeinschaftsordnung eine bestimmte Grundstücksfläche als Müllstandsfläche vorgesehen. Dies sei auch in dem in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung in Bezug genommenen Aufteilungsplan zeichnerisch so dargestellt. Dort finde sich an der linken Grundstücksseite rechts neben der gemeinsamen Zufahrt/Zuwegung ein abgegrenztes Kästchen mit dem Zusatz "3 Müllbehälter".

Abweichende Vereinbarung?

  1. Soweit die Beklagten geltend machten, es seien schuldrechtliche Vereinbarungen über den Standort von Müllbehältern getroffen worden, die von den Regelungen in der Gemeinschaftsordnung abwichen, wäre dies zwar grundsätzlich von Bedeutung.
  2. Zwischen den Wohnungseigentümern könnten rechtsverbindlich schuldrechtliche Vereinbarungen getroffen werden, die auch ohne Eintragung im Grundbuch zwischen den am Abschluss der Vereinbarung beteiligten Wohnungseigentümern gelten würden und in diesem Verhältnis den Regelungen der Gemeinschaftsordnung vorgingen. Erst nach einem – hier nicht eingetretenen – Eigentümerwechsel kämen wieder die in der Gemeinschaftsordnung enthaltenen Regelungen zum Tragen. Zutreffend habe das AG jedoch zugrunde gelegt, dass die Beklagten für ihre Behauptung einer Vereinbarung darlegungs- und beweisbelastet seien und einen Beweis nicht angetreten hätten.
  3. Es sei auch schon fraglich, ob die Beklagten eine mit Rechtsbindungswillen zustande gekommene schuldrechtliche Vereinbarung substanziiert dargetan hätten. Allein aus der Tatsache einer langjährigen Praxis folge nicht zwingend, dass sich die Parteien auch darüber einig gewesen seien, die praktizierte Handhabung auch künftig als rechtlich verbindlich anzusehen. Selbst wenn man dies anders sähe, würde es an einem Beweisangebot fehlen.

Beschlussersetzung

Es sei auch nicht zu beanstanden, dass das AG den abgelehnten (Grund-)Beschluss gemäß § 21 Abs. 8 WEG ersetzt habe. Dies sei insbesondere dann zulässig, wenn der Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer auf "null" reduziert sei. Die...

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