Das steht im Urteil
- Die mit Wirkung ab dem Kalenderjahr 2008 erfolgte Neuregelung des Erlasses von Grundsteuer wegen wesentlicher Ertragsminderung verstößt nicht gegen die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Steuergesetze und deren Rückwirkung.
- In einem auf Erlass von Grundsteuer wegen wesentlicher Ertragsminderung gerichteten Verfahren ist nicht zu prüfen, ob die Anknüpfung der Grundsteuer an die Einheitswerte für die Jahre ab 2008 noch verfassungsgemäß ist.
Der Sachverhalt
K ist Eigentümer eines im Jahr 2008 nur teilweise vermieteten Grundstücks mit einem Büro- und Lagergebäude. Wegen Minderung des normalen Rohertrags um 43 % beantragte K im Januar 2009 einen Teilerlass der Grundsteuer gem. § 33 GrStG i.d.F. bis zum 31.12.2007. Das Finanzamt lehnte dies unter Hinweis auf § 33 Abs. 1 GrStG i.d.F. des JStG 2009 ab. Das FG bejahte die Verfassungsmäßigkeit dieser Neuregelung. Der BFH bestätigte dies und wies die Revision als unbegründet zurück.
Die Entscheidung des BFH
Mit dem JStG 2009 wurde § 33 Abs. 1 GrStG dahin geändert, dass ein Grundsteuererlass nur noch bei einer Minderung des Rohertrags um mehr als 50 %. möglich ist; der Erlass ist dann auf 25 % der Grundsteuer beschränkt. Die Neufassung war erstmals für die Grundsteuer des Jahrs 2008 – und damit rückwirkend – anzuwenden. Nach der bis zum 31.12.2007 geltenden Rechtslage war die Grundsteuer teilweise zu erlassen, wenn der normale Rohertrag um mehr als 20 % gemindert war.
Hinweis
Die Neuregelung ist eine Reaktion auf die Rechtsprechung, die einen Grundsteuererlass auch bei strukturell bedingter Ertragsminderung (Leerstand) gebilligt hatte. Damit drohten Kommunen erhebliche Grundsteuerausfälle, denen durch Erhöhung des Ausmaßes der Ertragsminderung auf 50 % begegnet wurde.
Kommentar
Die Verfassungsmäßigkeit des neu gefassten § 33 Abs. 1 GrStG ist zu bejahen:
- Soweit die Ertragswertminderung mehr als 50 % betragen muss, hat sich der Gesetzgeber bei der Abwägung der Interessen der Steuerpflichtigen und der Kommunen innerhalb seines weiten Gestaltungsspielraums gehalten. Die Neuregelung ist für Steuerpflichtige schon deshalb zumutbar, weil die Grundsteuer als Realsteuer ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse bzw. die persönliche Leistungsfähigkeit des Eigentümers erhoben wird. Zudem ist die Grundsteuer bei vermieteten Grundstücken eine Betriebsausgabe und mindert somit die Ertragsteuerbelastung.
- Die Rückwirkung ist ebenfalls verfassungsgemäß. Der Anspruch auf Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung entsteht erst mit Ablauf des Kalenderjahrs. Im Zeitpunkt der Verkündung des JStG 2009 war daher der Erlasszeitraum des Jahrs 2008 noch nicht abgeschlossen. Demgemäß lag nur eine sog. unechte Rückwirkung vor, die auch nach der neueren BVerfG-Rechtsprechung nicht grundsätzlich verfassungswidrig ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 18.4.2012, II R 36/10