Leitsatz (amtlich)
Wird vom Arbeitgeber eine vorgesehene Versetzung rückgängig gemacht, sind die dem Arbeitnehmer durch die Aufgabe seiner Umzugsabsicht entstandenen vergeblichen Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar.
Sachverhalt
Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er war seit 1.10. 1982 von seinem Arbeitgeber nach W abgeordnet, wo er einen zweiten Haushalt führte. Es sollte sich hierbei nur um eine kurzfristige Abordnung handeln. 1985 teilte der Arbeitgeber dem Kläger aber mit, dass W auf Dauer seine Arbeitsstelle sein werde, eine Rückversetzung nach E nicht mehr in Betracht komme. Darauf entschloss sich der Kläger, sein Eigenheim in E zu verkaufen und zusammen mit der Klägerin, seiner Ehefrau, nahe W ein Eigenheim zu beziehen. In der Folgezeit erwarben die Kläger bei W ein Baugrundstück. Gleichzeitig beauftragte der Kläger einen Makler, sein Haus in E zu verkaufen. Nachdem die Kläger bereits die Baugenehmigung beantragt hatten, teilte der Arbeitgeber dem Kläger mit, dass eine Rückversetzung nach E zum 1.4.1987 erfolge. Deshalb machten die Kläger ihre Dispositionen rückgängig. Es verblieben verlorene Aufwendungen für das Baugrundstück von 11463 DM und Maklerkosten für das Haus in E von 4 503 DM. Der Arbeitgeber gewährte dem Kläger deshalb eine Sondervergütung von 34454 DM. Diese war so berechnet, dass sich nach Abzug von Steuern ein Nettobetrag in Höhe der gesamten verlorenen Aufwendungen von 15 966 DM ergab. Das Finanzamt erfasste im Streitjahr 1986 die 34454 DM als Arbeitslohn und berücksichtigte die verlorenen Aufwendungen für das Baugrundstück als Verlust aus Vermietung und Verpachtung mit Ausnahme eines für die Vertragsaufhebung angefallenen Betrages von 552 DM und der Maklerkosten von 4503 DM. Die Klage blieb erfolglos. Die Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und Klagestattgabe.
Entscheidungsgründe
Die vom Arbeitgeber geleistete Erstattung ist zwar als Schadensübernahme steuerbarer Arbeitslohn i.S. von § 19 Abs. 1 EStG, wovon auch das FG unausgesprochen ausgeht. Denn die Übernahme von Verlusten durch den Arbeitgeber, die in der privaten Vermögenssphäre des Arbeitnehmers anfallen, stellt grundsätzlich Arbeitslohn dar. Nur echte Schadensersatzleistungen des Arbeitgebers - also Leistungen aufgrund eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs, der dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber zusteht - sind nicht einkommensteuerbar. Für einen solchen Schadensersatzanspruch ist aber nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Die streitigen Aufwendungen sind jedoch Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Unter der Voraussetzung eines ausreichenden wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den Aufwendungen und der beruflichen Sphäre können auch vergebliche Aufwendungen Werbungskosten sein. Maßgebend dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Regelmäßig sind danach Aufwendungen des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Veräußerung eines Eigenheims, die wegen einer Versetzung durch den Arbeitgeber anfallen, der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen und somit keine Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit. Anders verhält es sich aber, wenn es zum Erwerb eines neuen bzw. der Veräußerung des bisherigen Eigenheims nicht mehr kommt, weil der Arbeitgeber die geplante Versetzung wieder aufgibt. So liegt es im Streitfall. Weil es nicht zum Verkauf des Hauses in E und auch nicht zum endgültigen Erwerb eines Grundstücks bei W gekommen ist, ist es gerechtfertigt, die durch die erwartete berufliche Veränderung ausgelösten Aufwendungen ausschließlich als durch den Beruf veranlasst anzusehen. Dabei kann dahinstehen, ob bei vollzogenem Grundstückserwerb wegen der Erfüllung des Tatbestandes des § 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F. anders zu entscheiden wäre. Denn im Streitfall war allein aufgrund des notariellen Kaufvertrages das wirtschaftliche Eigentum am Grundstück noch nicht übergegangen.
Link zur Entscheidung
BFH vom 24.5.2000 - VI R 17/96