Leitsatz

Im Zusammenhang mit der fehlgeschlagenen Gründung einer Kapitalgesellschaft entstandene Beratungskosten können auch dann weder als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch als Liquidationsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG geltend gemacht werden, wenn eine wesentliche Beteiligung an der Kapitalgesellschaft beabsichtigt war.

 

Sachverhalt

Im Frühjahr 1994 beschloss X mit einem Partner, eine AG mit Sitz und Geschäftsführung in der Schweiz zu gründen und im Rahmen eines Management-Buy-Out ausgewählte Betriebe zu erwerben und zu führen. Beide sollten an der AG je zur Hälfte beteiligt sein. Zur Gründung der AG kam es nicht mehr, weil sich die Finanzpartner des X – noch vor der Verabschiedung der Satzung und vor der Eintragung der AG in das Schweizer Handelsregister – von dem Projekt zurückzogen. Die Beratungskosten von ca. 151000 DM machte X bei der ESt-Erklärung 1994 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug mit der Begründung ab, die Aufwendungen seien Anschaffungskosten der Beteiligung und daher im Rahmen des § 20 EStG nicht abziehbar. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision zurückgewiesen. Die Beratungskosten sind keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, sondern Anschaffungskosten der Beteiligung. Ebenso wie bei Makler-, Gutachter- oder Beurkundungskosten handelt es sich um Nebenkosten des Erwerbs, die als Werbungskosten nicht abzugsfähig sind. Der Umstand, dass es im Streitfall nicht zur Gründung der AG gekommen ist, ändert daran nach Meinung des BFH nichts, da auch vergeblich aufgewendete Anschaffungskosten ihren Charakter als Anschaffungskosten behalten und lediglich bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern über außerordentliche Abschreibungen sofort erfolgswirksam werden. Bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Privatvermögens sind sie nicht zu berücksichtigen.

Als Auflösungsverlust i.S.v. § 17 Abs. 4 EStG können die Beratungskosten ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Eine entsprechende Anwendung des § 17 Abs. 4 EStG auf Verluste, die dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit dem fehlgeschlagenen Erwerb einer wesentlichen Beteiligung entstanden sind, lehnt der BFH aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift ab. Gegebenenfalls kann zwar noch eine – wie eine Kapitalgesellschaft zu behandelnde – Vorgesellschaft vom Anwendungsbereich des § 17 EStG erfasst werden, nicht aber eine bloße "Vorgründungsgesellschaft".

 

Praxishinweis

Der BFH bleibt bei seiner bisherigen Linie, wonach Beratungskosten ihrem Charakter nach Anschaffungskosten der Beteiligung (Erwerbsnebenkosten) sind. Auch vergeblich aufgewendete Anschaffungskosten bleiben Anschaffungskosten und finden bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, zu denen auch eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört, keine Berücksichtigung. Die Anwendung des § 17 Abs. 4 EStG hat der BFH letztlich abgelehnt, weil es noch nicht einmal zu einer sog. "Vorgesellschaft" gekommen ist. Wäre ein notarieller Vertrag geschlossen worden und wäre es zur Eintragung der AG in das Handelsregister gekommen, hätte der BFH die Sache möglicherweise anders beurteilt. Steuerlich konnte der Kläger seine Beratungskosten daher nicht geltend machen. Hätte man den Umweg über die Gründung einer Personengesellschaft gewählt, hätte es sich hingegen um vorweggenommene (vergebliche) Betriebsausgaben gehandelt. Die tatsächliche Einkünfteerzielungsabsicht vorausgesetzt, hätte deren Abzug dann nichts entgegengestanden.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 20.4.2004, VIII R 4/02

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