Das steht im Urteil
Die Annahme außerordentlicher Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG setzt voraus, dass die Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit – hier eines Freiberuflers – aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zusammengeballt zufließt.
Der Hintergrund
Ein Diplom-Psychologe (A), der als Psychotherapeut Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielt, hatte in den Jahren 1993 bis 2001 durchschnittlich 90 % seiner Einnahmen aus Kassenabrechnungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung erzielt. Im Streitjahr (2001) erzielte er außer den Einnahmen aus den laufenden Abrechnungen i.H. von 149.278 DM eine Nachzahlung für die Jahre 1993 bis 1998 in Höhe von 228.258 DM. Der Nachzahlung war eine rechtliche Auseinandersetzung mit der Kassenärztlichen Vereinigung vorausgegangen, in deren Verlauf das Landessozialgericht entschieden hatte, dass die Punktbewertung der von A erbrachten Leistungen in den Jahren 1993 bis 1998 zu niedrig war und die Kassenärztliche Vereinigung deswegen eine Nachzahlung zu leisten hat. – Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für 2001 begehrte A, die Nachzahlung als "Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten" (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG) – und damit als "außerordentliche Einkünfte" – ermäßigt zu besteuern. Das Finanzamt folgte dem nicht und behandelte die Nachzahlung als laufenden Gewinn.
Die Entscheidung des BFH
Der BFH ist der Auffassung des A beigetreten. Er geht davon aus, dass zu den gem. § 34 Abs. 1 EStG als außerordentliche Einkünfte ermäßigt zu besteuernden Einkünften auch Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gehören. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit sind den außerordentlichen Einkünften nach der bisherigen Rechtsprechung z.B. dann zuzuordnen, wenn der Steuerzahler sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem einzigen Veranlagungszeitraum erhalten hat oder wenn eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerzahlers ausreichend abgrenzbar ist und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehört, in einem einzigen Veranlagungszeitraum entlohnt wird. Die Regelung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG soll bewirken, dass die steuerliche Belastung bei Einkünften, die dem Steuerzahler für eine mehrjährige Tätigkeit zufließen, möglichst nicht höher ist, als wenn ihm in jedem der mehreren Jahre ein Anteil zugeflossen wäre. Gerade deshalb setzt die Annahme außerordentlicher Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG voraus, dass die Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine entsprechende Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn – wie im Streitfall – eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zusammengeballt zufließt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 14.12.2006, IV R 57/05