Dipl.-Finanzwirt (FH) Udo Klingler
Leitsatz
Ist Gegenstand der Übertragung ein zu bebauendes Grundstück, das der Veräußerer unter der Bedingung der Fertigstellung des Bauvorhabens vermietet hat, liegt keine Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. la UStG vor.
Sachverhalt
Eine GbR, deren Gesellschaftszweck die Vermietung und Verwaltung von Grundstücken ist, erwarb aufgrund eines notariell beurkundeten Kaufvertrags vom 23.12,1996 ein Grundstück. Die Veräußerin hatte das Grundstück im Dezember 1995 in Bebauungsabsicht erworben und am 1,9.1996 vorbehaltlich der Fertigstellung des Bauvorhabens mit einer Mieterin einen Mietvorvertrag abgeschlossen. Die Veräußerin beabsichtigte zunächst, das Bauvorhaben im eigenen Bestand zu halten. Im Laufe des Jahres 1996 fasste sie den Entschluss, das Grundstück zu veräußern. Nach dem notariell beurkundeten Kaufvertrag verpflichtete sich die Veräußerin gegenüber der GbR, das auf dem Grundstück befindliche Gebäude abzureißen und ein bestimmtes Bauvorhaben schlüsselfertig und betriebsbereit zu errichten, Der im September 1996 abgeschlossene Mietvorvertrag war als Anlage Bestandteil des Kaufvertrags. Die Veräußerin hatte für die Rechtswirksamkeit des Mietvorvertrags und den zivilrechtlichen Übergang dieses Vertrages mit Eigentumsüberschreibung auf die GbR einzustehen. Der Kaufpreis wurde zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart, Hieraus machte die GbR einen Vorsteuerabzug geltend. Die Veräußerin erstellte am 15.3.2000 eine berichtigte Rechnung ohne Ausweis von Umsatzsteuer. Fraglich war, ob die GbR ihren Vorsteuerabzug im Kalenderjahr 2000 zu berichtigen habe.
Es liegt keine Geschäftsveräußerung vor, wenn ein noch zu bebauendes
Grundstück übertragen wird, das der Veräußerer unter der Bedingung der Fertigstellung vermietet hat. Die Voraussetzungen für die Rechnungsberichtigung (ohne Umsatzsteuerausweis) und die entsprechende Vorsteuerkorrektur nach § 17 UStG lagen deshalb nicht vor.
Bei Grundstücksgeschäften führt die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks zu einer Geschäftsveräußerung, da durch den mit Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in den Vertrag ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernommen wird. Dies gilt aber nur, wenn der Erwerber aufgrund der Übertragung des vermieteten oder verpachteten Grundstücks eine bereits vom Lieferer ausgeübte selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit fortführt. Hieran fehlt es, wenn die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen darin besteht, ein Gebäude zu errichten und Mieter für die einzelnen Mieteinheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung gewinnbringend zu veräußern. Ein Vermietungsunternehmen, das der Erwerber fortführen könnte, liegt dann mangels nachhaltiger Vermietung nicht vor.
Hinweis
Der BFH brauchte nicht zu entscheiden, ob die im Streitjahr erfolgte Rechnungsberichtigung zu einer Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG führte. Denn selbst wenn eine wirksame und insbesondere rechtzeitige Rückgängigmachung des Verzichts vorläge, führt dies nach der Rechtsprechung des BFH zu einem Verlust des Vorsteuerabzugs für das Jahr der ursprünglichen Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts, nicht aber zu einer Änderung im Jahr der Rückgängigmachung des Verzichts, die erst im Streitjahr erfolgte.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 18.9.2008, V R 21/07.