Leitsatz
Die Veräußerung eines mit Hallen bebauten Grundstücks, das (im Rahmen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft) vom Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen vermietet war und durch ein anderes Betriebsgrundstück ersetzt wurde, ist eine Veräußerung eines einzelnen Anlagegegenstands und keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung. Das Hallengrundstück für sich ist kein fortführbarer Betrieb.
Sachverhalt
Ein Unternehmer hatte 1987 auf dem Grundstück D-Straße eine Lagerhalle mit Büroräumen errichtet und an eine GmbH vermietet, deren alleiniger Gesellschafter er war. Die GmbH verwendete die Immobilie zur Produktion und zum Vertrieb. 1990 erweiterte der Unternehmer das Betriebsgebäude um eine zweite Lagerhalle, die ab August 1990 verwendet wurde. Das Finanzamt ging mit dem Unternehmer von einer Betriebsaufspaltung und einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft aus.
1995 erwarb der Unternehmer ein größeres Grundstück am selben Ort und errichtete darauf einen Neubau, den er ab Februar 1995 an die GmbH vermietete. Nach der Verlagerung des Betriebs der GmbH dorthin veräußerte der Unternehmer das Grundstück D-Straße an ein Elektronik-Unternehmen. Laut Vertrag handelte es sich um einen Nettokaufpreis, zu dem "zuzüglich gegebenenfalls gesetzliche Mehrwertsteuer zu zahlen ist". Umsatzsteuer wurde dem Erwerber jedoch nicht in Rechnung gestellt. Der Unternehmer behandelte den Umsatz vielmehr als Geschäftsveräußerung i.S. des §1 Abs.1a UStG und damit als nicht steuerbar. Das verneinte das Finanzamt; zudem führte es hinsichtlich der 1987 und 1990 abgezogenen Vorsteuerbeträge eine Berichtigung nach §15a UStG durch, weil das Grundstück bisher – im Rahmen der Organschaft – als für die steuerpflichtige Tätigkeit der GmbH verwendet galt. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Auch der BFH verneinte die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung und bestätigte die Vorsteuerberichtigung.
Die Voraussetzungen des §1 Abs.1a UStG sind gemäß der Vorgabe in Art.5 Abs.8 der 6. EG-Richtlinie richtlinienkonform auszulegen. Nach der EuGH-Rechtsprechung ist der Begriff "Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens" nach dem Zweck der Bestimmung dahin auszulegen, dass er die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils erfasst, die jeweils materielle und gegebenenfalls immaterielle Bestandteile einschließen, die zusammen ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann; er schließt jedoch nicht die bloße Übertragung von Gegenständen wie den Verkauf einen Warenbestands ein.
Was die Verwendung durch den Begünstigten betrifft, ergibt sich aus dem Zweck der Bestimmung, dass sie "diejenigen Übertragungen erfasst, bei denen der Begünstigte beabsichtigt, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben und nicht nur die betreffende Geschäftstätigkeit sofort abzuwickeln sowie gegebenenfalls den Warenbestand zu verkaufen".
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger als Organträger die Vermietung des maßgebenden Betriebsgrundstücks D-Straße an die Organ-GmbH bereits eingestellt und durch das neue Grundstück ersetzt hatte, und dass hinsichtlich des Grundstücks keine weiteren Faktoren erkennbar waren, die es zu einem Geschäftsbetrieb gemacht hatten.
Praxishinweis
Der Fall zeigt, dass weniger die rechtliche Beurteilung eines Vorgangs als "Geschäftsveräußerung" i.S. des §1 Abs.1a UStG problematisch ist, sondern vielmehr die Klärung einer etwaigen Rechtsunsicherheit über das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Zusammenspiel mit dem Finanzamt des Übertragenden und dem des Übernehmenden. Wird z.B. eine Geschäftsveräußerung unterstellt und daher hinsichtlich mitübertragener Grundstücke keine Option zur Steuerpflicht "ausgehandelt", dürfte es – gerade bei einem länger dauernden Steuerrechtsstreit eines der Betroffenen – schwierig sein, nachträglich noch einen Verzicht und eine Rechnung mit Steuerausweis durchzusetzen, wenn eine Geschäftsveräußerung endgültig verneint wird. Insbesondere im Hinblick auf die Risiken für den Übertragenden sollten die Beteiligten eine Geschäftsveräußerung nur nach genauer Prüfung, möglichst nach verbindlicher Auskunft der Finanzverwaltung, mit klarer vertraglicher Vereinbarung – und mit Steuerklausel – annehmen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.01.2005, V R 53/02BFH-Urteil vom 18.1.2005, V R 53/02