Schneenässe auf Rolltreppe
Der Kläger war an einem Dezembertag in einem Einkaufscenter gestürzt, als er von dem im Obergeschoss befindlichen Eingang kommend das Rollband betreten hatte, um in die untere Etage zu gelangen. Er zog sich hierbei erhebliche Verletzungen zu und verklagte die Betreiberin wegen der Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht auf Schadensersatz. Zu dem Sturz sei es gekommen, weil der von den Kunden in das Gebäudeinnere hereingetragene Schneematsch eine schmierige und glitschige Fläche auf dem Rollband gebildet habe. Hierauf sei er ausgerutscht. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Eingangsbereich und das Rollband ordnungsgemäß zu säubern oder zumindest Hinweisschilder und Matten oder Läufer auszulegen. Die Beklagte ihrerseits meint, sie habe alles Erforderliche getan, um witterungsbedingte Unfälle der von dem Kläger geschilderten Art zu vermeiden. Sie habe im Eingangsbereich eine Schutzmatte ausgelegt und mit Warnschildern darauf hingewiesen, wie man sich bei Benutzung des Rollbandes zu verhalten habe. Aus technischen Gründen sei es ausgeschlossen, dass sich auf dem Rollband eine glitschige schmierige Fläche bilde.
Verkehrssicherungspflicht verletzt?
Das Landgericht hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht der Beklagten könne nicht festgestellt werden. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe eine Fußmatte ausgelegen und seien Warnschilder zu dem Verhalten der Kunden während des Benutzens des Rollbandes angebracht gewesen. Auch bei Anwendung aller Sorgfalt lasse sich in einem solchen Center nicht verhindern, dass bei Regenwetter Feuchtigkeit bis auf das Rollband gelange. Die Rutschgefahr sei für den durchschnittlichen Kunden ohne Weiteres erkennbar gewesen.
Unzureichende Maßnahmen
Doch das OLG Koblenz sieht das anders und gab dem Geschädigten – unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils des Klägers in Höhe von 50 % – Recht: Den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht hat die Beklagte nicht genügt. Insoweit ist ihr jedenfalls ein Organisationsverschulden vorzuwerfen. Sie musste aufgrund des Schneefalls am Unfalltag damit rechnen, dass durch die eintretenden Kunden von draußen Nässe in den Eingangsbereich und auf das Rollband getragen wird und dass der Bodenbelag dadurch nass und rutschig wurde. Das Vorhalten einer Schmutzmatte im Eingangsbereich war jedoch nicht ausreichend, um das Hereintragen von Feuchtigkeit zu reduzieren. Sie ist offensichtlich zu klein, um Nässe von einer größeren Anzahl von Kunden aufzunehmen. Darüber hinaus hätte vor jeder der 3 Türen – eine Drehtür und 2 weitere Eingangstüren – eine Fußmatte ausgelegt werden müssen.
Die Beklagte war zudem gehalten, in angemessenen zeitlichen Abständen eingebrachte Feuchtigkeit aufzuwischen und zu kontrollieren, ob die Schutzmatten ihren Zweck noch erfüllen konnten oder so durchnässt waren, dass ein Austausch erforderlich war.
Fazit: Erhöhte Sicherungspflicht
Der Betreiber eines Einkaufszentrums muss zumutbare Sicherheitsvorkehrungen treffen, um der Rutschgefahr vorzubeugen, die dadurch entsteht, dass Kunden wegen der Witterungsverhältnisse (Schneeregen) Nässe in den Eingangsbereich tragen. Er ist nicht deswegen von dem Ergreifen jeglicher Maßnahmen zum Schutz der Kunden, die ein im Gebäudeinneren befindliches abwärts laufendes Rollband betreten, befreit, weil sich eine Grundfeuchte bei nasser Witterung nicht verhindern lässt. Ihn trifft eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht, wenn das Rollband durch die Feuchtigkeit rutschig wird.
(OLG Koblenz, Urteil v. 17.6.2014, 3 U 1447/13)