Leitsatz

Die Vergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG ist nicht zu gewähren, wenn der grundstückseinbringende Gesamthänder an der Gesamthand nicht beteiligt bleiben soll. Ist eine Veränderung der Gesamthänderstellung auch ohne Zustimmung der übrigen Gesamthänder (z.B. bei einer Verschmelzung) möglich oder bestimmt nur ein Gesamthänder die Geschicke der Gesamthand, reicht zur Versagung des § 5 Abs. 2 GrEStG allein die Absicht der Aufgabe der gesamthänderischen Mitberechtigung.

 

Sachverhalt

Die K-AG brachte 1995 ein Grundstück in eine KG ein. Sie war als alleinige Kommanditistin zu 100 % am Vermögen der KG beteiligt und Alleingesellschafterin der Komplementär-GmbH. Zur selben Zeit hielt die B-GmbH & Co. KG 50,53 % des stimmberechtigten Aktienkapitals der K-AG. Die Vertretungsorgane der B-GmbH & Co. KG hatten angekündigt, die K-AG auf eine neue Gesellschaft, die B-AG, zu verschmelzen. Die B-GmbH & Co. KG hielt alle Aktien der B-AG. Die Verschmelzung wurde am 18.6.1996 ins Handelsregister eingetragen. Das Finanzamt verweigerte für den Einbringungsvorgang die Vergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG. Die Klage hiergegen blieb auch im Revisionsverfahren erfolglos.

 

Entscheidung

Nach § 5 Abs. 2 GrEStG wird beim Übergang eines Grundstücks von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand die Steuer in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Die Steuervergünstigung setzt voraus, dass sich das Alleineigentum des einbringenden Gesamthänders an dem Grundstück über seine gesamthänderische Mitberechtigung fortsetzt, d.h. dass er an der Gesamthand beteiligt bleibt. Deshalb entfällt die Steuervergünstigung, wenn die Grundstücksübertragung auf die Gesamthand zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Veränderung der Gesellschafterstellung des bisherigen Alleineigentümers bereits zwischen den Gesamthändern abgesprochen worden ist. In den Fällen, in denen es der Zustimmung der übrigen Gesamthänder ausnahmsweise nicht bedarf oder in denen nur ein Gesamthänder die Geschicke der Gesamthand lenkt, reicht zur Versagung des § 5 Abs. 2 GrEStG bereits die Absicht des grundstückseinbringenden Gesamthänders oder eines Mehrheitsgesellschafters aus, die Gesamthänderstellung aufzugeben.

Hier reichte zur Versagung des § 5 Abs. 2 GrEStG bereits die Absicht der Verschmelzung auf die B-AG aus, weil die Zustimmung der weiteren Gesellschafterin der KG nicht erforderlich war und zudem von der K-AG jederzeit herbeigeführt werden konnte. Dass die Entscheidung über die Verschmelzung bei der B-GmbH & Co. KG als Mehrheitsgesellschafterin der A-KG fiel, steht nicht entgegen. Soweit das Ausscheiden der K-AG als Folge der Verschmelzung auch zu einer steuerpflichtigen Anteilsvereinigung bei der B-AG geführt hat, ändert dies nichts an der Versagung des § 5 Abs. 2 GrEStG. Denn der Einbringungsvorgang, um dessen Besteuerung es im Rahmen des § 5 Abs. 2 GrEStG geht, und der mittelbare bzw. unmittelbare Erwerb aller Anteile an der grundbesitzenden KG durch die B-AG sind grunderwerbsteuerrechtlich getrennt zu beurteilen.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung ist zur Rechtslage vor In-Kraft-Treten des jetzigen § 5 Abs. 3 GrEStG ergangen. Danach entfällt die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG, wenn u.a. die Gesamthänderstellung innerhalb einer 5-Jahresfrist aufgegeben wurde. Zur neuen Rechtslage wird die Auffassung vertreten, dass dann, wenn die Aufgabe der Gesamthänderstellung – wie hier – Grunderwerbsteuer ausgelöst hat, § 5 Abs. 3 GrEStG nicht zum Zuge kommt, weil kein von dieser Vorschrift vorausgesetzter Gestaltungsmissbrauch vorliegt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 15.12.2004, II R 37/01

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