Leitsatz

  1. Der Übergang des verbleibenden Verlustabzugs nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 setzt nur voraus, dass zum Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister die übertragende Körperschaft (irgend-)einen Geschäftsbetrieb unterhält, der das übertragende Unternehmen noch als wirtschaftlich aktiv erscheinen lässt. Nicht erforderlich ist, dass dieser Geschäftsbetrieb mit dem Betrieb, der die Verluste verursacht hat, identisch ist und einen vergleichbaren Umfang aufweist (Abgrenzung vom BMF-Schreiben vom 25.3.1998, IV B 7 – S 1978 – 21/98/IV B 2 – S 1909 – 33/98, BStBl I 1998, S. 268 Tz. 12.19 f.).
  2. Der übergegangene Verlustabzug kann von der übernehmenden Körperschaft in dem Veranlagungszeitraum abgezogen werden, in dem der steuerliche Übertragungsstichtag liegt (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 25.3.1998, a.a.O., Tz. 12.16).
 

Sachverhalt

Die A-GmbH war seit 1991 alleinige Gesellschafterin der X-GmbH. Diese hatte zunächst einen Verlag betrieben und dabei hohe Verluste erzielt. Mitte 1994 stellte die X-GmbH diese Tätigkeit ein. Anfang Juli 1995 begann sie mit der Vermarktung von Werbeartikeln der A-GmbH, wobei sie Umsätze von 300 000 DM in 1995 und von 200 000 DM in 1996 erzielte. Ende 1995 wurde die X-GmbH rückwirkend zum 1.7.1995 auf die A-GmbH verschmolzen. Die A-GmbH machte daraufhin bei der Veranlagung für 1995 den für die X-GmbH festgestellten Verlustabzug geltend, was das Finanzamt ablehnte.

 

Entscheidung

Nach § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 tritt bei einer Verschmelzung die übernehmende Gesellschaft nur dann in den Verlustabzug der übertragenden Gesellschaft ein, wenn letztere im Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister ihren Geschäftsbetrieb noch nicht eingestellt hatte. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, da die X-GmbH im genannten Zeitpunkt weiterhin Werbeartikel der A-GmbH vermarktete. Die bei ihr aufgelaufenen Verluste stammten zwar nicht aus dieser Tätigkeit, sondern aus dem früheren Verlagsgeschäft. Darauf stellt § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 aber nicht ab. Es reicht vielmehr aus, wenn die übertragende Gesellschaft zur Zeit der Registereintragung irgendeine ins Gewicht fallende Geschäftstätigkeit ausübt, die sie als wirtschaftlich aktiv erscheinen lässt. Das ist bei Jahresumsätzen von 300 000 DM und 200000 DM anzunehmen. Die A-GmbH kann den Verlustabzug der X-GmbH daher in der festgestellten Höhe geltend machen, und zwar schon im Jahr der Verschmelzung und nicht etwa erst im Folgejahr.

 

Praxishinweis

Das Urteil betrifft ausgelaufenes Recht. Seit 1997 geht der Verlustabzug in Verschmelzungsfällen nur über, wenn die übertragende Gesellschaft den verlusterzeugenden Betrieb bis zur Registereintragung in annähernd unverändertem Umfang fortgesetzt hat[1]. Inzwischen ist der Übergang des Verlustabzugs bei einer Verschmelzung insgesamt ausgeschlossen[2].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 29.11.2006, I R 16/05

[1] Vgl. § 12 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1995 i.d.F. des UntStFG
[2] Vgl. § 4 Abs. 2 Satz 2 UmwStG i.d.F. des SEStEG

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