Leitsätze (amtlich)

  1. Die Vereinbarung einer Beteiligung des stillen Gesellschafters am Gewinn des Geschäftsinhabers gilt im Zweifel auch für seine Beteiligung am Verlust.
  2. Ist der stille Gesellschafter am Verlust des Geschäftsinhabers beteiligt, ist ihm der Verlustanteil steuerrechtlich nicht nur bis zum Verbrauch seiner Einlage, sondern auch in Höhe seines negativen Einlagekontos zuzurechnen. Spätere Gewinne sind zunächst mit den auf diesem Konto ausgewiesenen Verlusten zu verrechnen.
 

Sachverhalt

Die Klägerin und ihr Ehemann X waren mit Geschäftsanteilen von 51 % bzw. 49 % Gesellschafter der X-GmbH. X war an der GmbH zudem mit einer Einlage von 90 000 DM als typisch stiller Gesellschafter beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag bestimmte in § 5, dass nach Abzug eines Vorabgewinns für die GmbH die Einlagen verzinst und der verbleibende Restgewinn unter den Gesellschaftern "im Verhältnis ihrer Kapitalien" aufgeteilt werden sollte. X hatte seine Einlage vollständig geleistet, diese war jedoch nach mehreren Verlustjahren auf 4 132 DM gesunken. 1986 erwirtschaftete die GmbH nach ihrem 1987 festgestellten Jahresabschluss erneut einen Verlust. Von dem auf X entfallenden Anteil von 24 545 DM erkannte das Finanzamt 1987 nur Werbungskosten von 4 132 DM bei den Einkünften aus Kapitalvermögen an. In den Jahren 1987 und 1988 erzielte die GmbH wieder Gewinne, von denen auf die stille Beteiligung 9 705 DM (1987) und 17 506 DM (1988) entfielen. Die Jahresabschlüsse der GmbH wurden 1989 (für 1987) bzw. 1990 (für 1988) festgestellt. Die Gewinnanteile wurden vom Finanzamt im Rahmen der ESt-Veranlagung 1989 bzw. 1990 in voller Höhe als Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erfasst. Das Finanzamt hatte die verrechenbaren Verluste auf den 31.12.1987 bis 31.12.1989 mit 0 DM festgestellt. Es war der Ansicht, die Verluste könnten nur bis zur Höhe der geleisteten Einlage berücksichtigt werden. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Der für X zum 31.12.1987 festzustellende verrechenbare Verlust von 20 414 DM war zum 31.12.1988 weiterhin mit 20 414 DM und - nach Verrechnung mit dem Gewinnanteil 1989 von 9 705 DM - zum 31.12.1989 mit 10 709 DM sowie - nach Verrechnung mit dem Gewinnanteil 1990 - zum 31.12. 1990 mit 0 DM festzustellen.

  1. Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass X entsprechend der in § 5 des Gesellschaftsvertrages für die Gewinnverteilung vereinbarten Quote auch am Verlust des Unternehmens der GmbH beteiligt war. Der Gesellschaftsvertrag enthält zwar seinem Wortlaut nach nur eine Vereinbarung über die Verteilung des Gewinns. Das bedeutet aber nicht, dass der stille Gesellschafter nach § 231 Abs. 2 Halbsatz 1 HGB von einer Beteiligung am Verlust des Unternehmens ausgeschlossen sein sollte[2]. Vielmehr gilt die Vereinbarung im Zweifel auch für den nicht geregelten Ergebnisanteil[3]. Die in § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB getroffene Regelung, nach der der stille Gesellschafter nur bis zum Betrag seiner Einlage am Verlust des Unternehmens teilnimmt, steht der Anwendung dieser Auslegungsregel nicht entgegen. Die Bestimmung besagt nur, dass der stille Gesellschafter ohne eine eindeutig entgegenstehende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag nicht zu Nachschüssen verpflichtet ist; davon ist auch im Streitfall auszugehen. § 232 Abs. 2 Satz 1 HGB lässt aber eine Auslegung des Gesellschaftsvertrags mit dem Ergebnis, der stille Gesellschafter sei an den laufenden Verlusten des Unternehmens beteiligt und könne nach Aufzehrung der geleisteten Einlage ein negatives Kapitalkonto bilden, unberührt.

Von diesem Auslegungsergebnis ist auch im Streitfall auszugehen. Nach der erwähnten Auslegungsregel ist anzunehmen, dass die Gesellschafter eine der Gewinnverteilungsquote entsprechende Verlustbeteiligung gewollt haben; es sind keine gegen die Anwendbarkeit dieser Regel sprechenden Anhaltspunkte erkennbar. Vielmehr sprechen auch die für die ergänzende Vertragsauslegung geltenden allgemeinen Grundsätze, die Vorrang vor dispositivem Recht haben, für dieses Ergebnis.

  1. Die beschränkte Abziehbarkeit von Verlusten eines typisch stillen Gesellschafters nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 15a Abs. 1 Satz 1 EStG knüpft an diese handelsrechtliche Beurteilung an. Das negative Einlagekonto bestimmt das Verlustausgleichspotenzial für die Verrechnung mit den künftigen Gewinnanteilen des stillen Gesellschafters. Nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG i.V.m. § 15a EStG ist für den stillen Gesellschafter ein negatives Einlagekonto zu bilden und der auf diesem Konto ausgewiesene Verlust jährlich zum Bilanzstichtag als verrechenbarer Verlust gesondert festzustellen. Die später beim stillen Gesellschafter anfallenden Gewinnanteile sind nicht mehr, wie nach der früheren Rechtslage, stets Einnahmen bei den Einkünften des stillen Gesellschafters aus Kapitalvermögen und beim Geschäftsinhaber Aufwand, der die Abrechnungsperiode belastet, in der er entstanden ist. Vielmehr sind sie zunächst erfolgsneutral m...

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