Leitsatz

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob einem Steuerpflichtigen, der ohne Gewinnerzielungsabsicht Wohnungen erwirbt und veräußert, um ein anderes Objekt weiterhin ohne Zahlung einer Zweckentfremdungsabgabe als Büroraum vermieten zu können, der Abzug eines Verlustes aus der Veräußerung der Wohnungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Vermietung des zweckentfremdeten Objekts versagt werden kann.

 

Sachverhalt

Die Miteigentümer einer Grundstücksgemeinschaft in Berlin vermieteten u.a. drei Arztpraxen, deren Nutzung das zuständige Wohnungsamt wegen Zweckentfremdung von Wohnraum beanstandete. Zur Vermeidung einer monatlichen Zweckentfremdungsabgabe erwarben sie neun Eigentumswohnungen in Berlin-B sowie sieben noch zu errichtende Eigentumswohnungen in Berlin-E als Ersatzwohnraum. Darauf genehmigte das Wohnungsamt die Zweckentfremdung. Anschließend wurde der Kaufvertrag über die Eigentumswohnungen in Berlin-B insoweit modifiziert, als die Miteigentümer statt des Kaufpreises an die Veräußerin eine Vergütung von 150000 DM zahlen und lediglich als Treuhänder für die Veräußerin als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen werden sollten; alle Vermietungen und Veräußerungen sollten im Namen der Antragsteller, aber auf Rechnung der Veräußerin als Treugeberin vorgenommen werden. Von den sieben Wohnungen in Berlin-E wurden vier bereits im Folgejahr wieder veräußert. Die übrigen drei Wohnungen wurden wegen verzögerter Baufertigstellung, Baumängeln und Preisverfalls an den Bauträger zurückgegeben.

Die Miteigentümer machten in ihren Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte die mit dem Grundbesitz in Berlin-B und Berlin-E zusammenhängenden Ausgaben zunächst als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie im Einspruchsverfahren als Verluste aus gewerblichem Grundstückshandel geltend. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben sie Klage erhoben und – nach Ablehnung durch das Finanzamt – beim FG einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, dem das FG entsprochen hat. Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde des Finanzamts.

 

Entscheidung

Hinsichtlich der weiterveräußerten Eigentumswohnungen in Berlin-E bestehen nach Auffassung des BFH selbst dann ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide, wenn die Miteigentümer die Wohnungen ohne Gewinnerzielungsabsicht erworben und veräußert hätten, um – wirtschaftlich vorteilhafter – anstelle einer Zweckentfremdungsabgabe für vermieteten Büroraum Ersatzwohnraum zu schaffen und nach dem Erwerb bzw. der Herstellung mit geringem Verlust wieder zu verkaufen. Insoweit weist der Streitfall laut BFH Parallelen zum Verlust von Darlehen auf, die ein Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes gewährt hat und die bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden können[1]. Die Parallele zum Streitfall liegt darin, dass hier ein mit Verlust veräußertes Objekt nur angeschafft wurde, um die Mieteinkünfte aus einem anderen Objekt zu erhalten. Für die Anerkennung derartiger Vermögenseinbußen als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Vermietung des anderen (zweckentfremdeten) Objektes spricht das das Einkommensteuerrecht beherrschende objektive Nettoprinzip[2]. Entsprechendes gilt hinsichtlich der weiteren treuhänderisch erworbenen Objekte in Berlin-B. Denn im Streitfall spricht nichts dafür, dass das "nackte" Eigentum irgendeinen Wert gehabt hätte, der – etwa durch Veräußerung – hätte realisiert werden können. Mit der Nutzung und Verwertung der Wohnungen wollten und sollten die Miteigentümer aufgrund der Vertragsänderung offenbar nichts mehr zu tun haben. Vielmehr sollte ihre Eintragung im Grundbuch allein die Zweckentfremdungsabgabe für die als Arztpraxen vermieteten Wohnungen vermeiden, so dass die betreffenden Aufwendungen ebenso zu behandeln sind wie die Zweckentfremdungsabgabe selbst, nämlich als sofort abziehbare Werbungskosten.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung liegt auf der Linie der BFH-Rechtsprechung zur Beurteilung von Zahlungen, die geleistet werden, um Räume zu anderen als Wohnzwecken vermieten zu dürfen; sie sind sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung[3].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Beschluss vom 20.1.2004, IV B 203/03

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?