Leitsatz (amtlich)
Bleibt ein ausgeschiedener Gesellschafter an der Gesellschaft mittelbar über eine Obergesellschaft beteiligt (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG), so beschränkt sich der gewerbesteuerliche Verlustvortrag auf diejenigen Verluste der vorangegangenen Erhebungszeiträume, die im Sonderbetriebsvermögensbereich des ausgeschiedenen Gesellschafters entstanden sind.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Zum 31.12.1994 übertrug der einzige Kommanditist J seinen Anteil auf die A-GmbH & Co. KG, an der er zu 95 % beteiligt war. Anschließend übertrug er seinen Anteil an dieser Gesellschaft auf die A-GmbH & Co. Verwaltungsgesellschaft (Holding-KG), an der er ebenfalls zu 95 % beteiligt war. Das Finanzamt hatte den vortragsfähigen Gewerbeverlust der Klägerin auf den 31.12.1993 nach § 10a GewStG auf 302 293 DM festgestellt. Der Verlust des Jahres 1994 belief sich auf 242 463 DM, der für die GewSt maßgebliche Betrag nach Kürzungen auf 267 780 DM. Für den folgenden Stichtag, den 31.12.1994, lehnte es das Finanzamt ab, einen vortragsfähigen Verlust festzustellen. Sowohl der zum 31.12.1993 festgestellte Verlust als auch der Gewerbeverlust des Jahres 1994 (insgesamt 570073 DM) seien verbraucht. Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Nach § 10a Satz 1 GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben haben, soweit die Fehlbeträge nicht bei der Ermittlung des Gewerbeertrags für vorangegangene Erhebungszeiträume berücksichtigt worden sind. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist Voraussetzung für den Verlustabzug sowohl die sog. Unternehmensidentität als auch die sog. Unternehmeridentität. Dabei bedeutet Unternehmeridentität, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss. Der Steuerpflichtige muss danach sowohl zur Zeit der Verlustentstehung als auch im Jahr der Entstehung des positiven Gewerbeertrags Unternehmensinhaber gewesen sein. Bei einer Personengesellschaft sind die Gesellschafter, soweit sie Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative ausüben, die (Mit-)Unternehmer des Betriebs. Dies gilt nicht nur für die einkommensteuerrechtliche, sondern auch für die gewerbesteuerrechtliche Sicht.
Beim Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft geht der Verlustabzug gemäß § 10a GewStG verloren, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt. Das gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch dann, wenn der aus einer KG ausscheidende Gesellschafter über eine andere KG (Obergesellschaft) weiterhin mittelbar an der Untergesellschaft beteiligt bleibt. Auf der anderen Seite hat der BFH entschieden, dass die Unternehmeridentität bestehen bleibt, wenn bei der Obergesellschaft ein Gesellschafterwechsel eintritt.
Danach ist im Streitfall der begehrte Verlustabzug nicht zu gewähren. Denn der ausgeschiedene Kommanditist J war zu 100 % am Vermögen, Gewinn und Verlust der Klägerin beteiligt, so dass der auf den 31.12.1993 festgestellte Fehlbetrag zu 100 % auf ihn entfällt. Mit dem Ausscheiden des Kommanditisten J aus der Klägerin kann daher auch der bereits festgestellte Fehlbetrag in vollem Umfang nicht mehr mit späteren Gewinnen verrechnet werden. Der Senat folgt nicht der Auffassung, dass die oben dargestellte und zu Streitjahren vor 1992 ergangene Rechtsprechung zur Unternehmeridentität bei mittelbarer Beteiligung für Erhebungszeiträume ab 1992 überholt sei. Der sachliche Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist auf den Sonderbetriebsbereich des Gesellschafters der Obergesellschaft bei der Untergesellschaft zu beschränken. Folgerichtig sind bei der GewSt gemäß § 10a Satz 1 GewStG auch nur diejenigen Verluste vorangegangener Erhebungszeiträume mit Gewinnen aus seinem Sonderbetriebsbereich zu verrechnen, die in dem Sonderbetriebsbereich des mittelbar beteiligten Gesellschafters bei der Untergesellschaft entstanden sind.
Link zur Entscheidung
BFH vom 6.9.2000 – IV R 69/99