Alexander C. Blankenstein
Eine Besichtigung der Mietsache kann insbesondere dann im Vermieterinteresse liegen, wenn sich der Verdacht aufdrängt, der Mieter leide unter dem Messie-Syndrom. Die Mietvertragsparteien können zwar ein Besichtigungsrecht zugunsten des Vermieters vereinbaren. Formularvertraglich kann allerdings lediglich ein Besichtigungsrecht für den Fall seines Erfordernisses wegen Erhaltungsmaßnahmen vereinbart werden. Entsprechendes gilt auch im Bereich des Gewerberaummietrechts. Eine Formularbestimmung, die dem Vermieter von Wohnraum ein Recht zum Betreten der Mietsache ganz allgemein "zur Überprüfung des Wohnungszustandes" einräumt, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB jedenfalls unwirksam.
Auch ohne vertragliche Vereinbarung hat der Vermieter allerdings das Recht zur Besichtigung der Mieträume. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass besondere Umstände vorliegen, die eine Besichtigung der Mietsache im Interesse der Bewirtschaftung des Objekts erforderlich machen. Derartige Umstände sollte der Vermieter auch nutzen, um sich ein Bild von der Mietsache vor Ort zu machen.
Ein Besichtigungsrecht des Vermieters besteht immer dann, wenn konkrete Anhaltspunkte für einen drohenden Schaden gegeben sind. Dies ist gerade bei begründetem Verdacht der Verwahrlosung der Mietsache der Fall. Hier muss dem Vermieter das Recht eingeräumt sein, sich vom Zustand der Mieträume ein Bild zu machen. Begründet ist ein solcher Verdacht zweifellos dann, wenn aus der Wohnung – egal, ob aus der Wohnungstür oder geöffneten Fenstern – muffiger Geruch oder gar Gestank austritt.
Wird der Mieter mehrere Male nicht angetroffen und besteht begründete Besorgnis hinsichtlich des Gesundheitszustands des Mieters, darf sich der Vermieter auf Grundlage der Bestimmung des § 228 BGB eigenmächtig Zutritt zur Mietsache verschaffen.
Verweigert der anwesende Mieter eine Besichtigung des Vermieters, kann der Vermieter mit einer Duldungsklage die Besichtigung erstreiten. Ist Gefahr im Verzug, hilft eine einstweilige Verfügung.
Dessen ungeachtet dürfen der Vermieter bzw. seine Beauftragten die Wohnung zur Zählerablesung betreten. Voraussetzung für die Erstellung einer ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung ist nämlich, dass die Wasser- und Heizungszähler rechtzeitig abgelesen werden. Das Recht zum Betreten der Wohnung zwecks Ablesung folgt aus der Umlagevereinbarung.
Auch wenn der Vermieter mit der Heizkostenabrechnung ein entsprechendes Dienstleistungsunternehmen (Metrona, ista usw.) beauftragt hat, sollte er die Gelegenheit der Zählerablesung nutzen, um sich persönlich ein Bild von der Mietsache zu machen. Er sollte mit dem Dienstleister einen entsprechenden Termin vereinbaren und mit diesem zusammen das Mietobjekt in Augenschein nehmen. So steht für den Fall einer etwa erforderlichen gerichtlichen Auseinandersetzung auch ein Zeuge zur Verfügung.
Der Vermieter hat auch dann ein Besichtigungsrecht, wenn er beabsichtigt, Instandsetzungs-, Modernisierungs- oder Sanierungsarbeiten durchzuführen. Das Besichtigungsrecht ergibt sich aus den Bestimmungen der §§ 555a, 555d BGB und ggf. aus § 809 BGB. Schiebt der Vermieter solche Gründe lediglich vor, verletzt er zwar das Besitzrecht des Mieters und verstößt gegen seine mietvertraglichen Pflichten. Allerdings dürfte dem Mieter in aller Regel ein entsprechender Beweis nicht gelingen. So kann der Vermieter etwa von ursprünglichen Modernisierungsabsichten auch durchaus wieder abrücken.
Wenn keine Gefahr im Verzug ist, hat der Vermieter eine Besichtigung rechtzeitig vorher anzukündigen. In aller Regel dürfte eine Frist von 2 Wochen ausreichend sein. Wegen der Bedeutung des Besichtigungsrechts für das Grundrecht des Mieters auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) hat der Vermieter den Besichtigungszweck so konkret anzugeben, dass für den Mieter der räumliche und zeitliche Umfang der Besichtigung absehbar ist.
Ein vom Mieter absichtlich vereitelter Besichtigungstermin kann im Übrigen die ordentliche Kündigung rechtfertigen.