Leitsatz
Anlässlich der Übergabe von Geld- und Wertpapiervermögen kann eine als Sonderausgabe abziehbare dauernde Last begründet werden, wenn diese Werte – unter weiteren Voraussetzungen – vereinbarungsgemäß zur Tilgung von Schulden verwendet werden, mit denen die Anschaffung oder Herstellung von ertragbringendem Vermögen – hier: von einem vom Vermögensübernehmer eigengenutzten Einfamilienhaus – finanziert wurde.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige erhielt 1986 von ihrer Mutter 100000DM und verpflichtete sich in diesem Zusammenhang, ihrer Mutter auf Lebenszeit eine nach §323 ZPO abänderbare "Rente" von monatlich 650DM zu zahlen. Darüber hinaus übertrug die Mutter der Steuerpflichtigen 1987 ein Wertpapierdepot mit einem Kurswert von 200000DM. Im Gegenzug verpflichtete sich die Steuerpflichtige, ihrer Mutter zehn Jahre lang gemäß §323 ZPO abänderbare wiederkehrende Zahlungen in Höhe von monatlich 1600DM zu erbringen. Die im Streitjahr 1996 an die Mutter gezahlten wiederkehrenden Beträge in Höhe von insgesamt ca. 27000DM machte die Steuerpflichtige als Sonderausgaben gemäß §10 Abs.1 Nr.1a Satz2 EStG geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug. Das FG bestätigte die Verwaltungsentscheidung. Die Revision der Steuerpflichtigen hatte Erfolg. Der BFH hob die Entscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.
Entscheidung
Die von der Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit der Übergabe des Wertpapierdepots versprochenen, auf zehn Jahre befristeten wiederkehrenden Zahlungen sind nicht als Sonderausgaben abziehbar. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbarte Leistungen grundsätzlich nur dann eine dauernde Last nach §10 Abs.1 Nr.1a Satz2 EStG, wenn sie auf die Lebenszeit des Versorgungsberechtigten gezahlt werden.
Anders verhält es sich hingegen bezüglich der im Zusammenhang mit der Übertragung des Geldes vereinbarten lebenslänglichen Rentenzahlungen. Freilich muss ein übergebener Geldbetrag aufgrund einer bereits im Übergabevertrag getroffenen Vereinbarung ertragbringend angelegt werden, wobei die Versorgungsleistungen aus den erzielten Erträgen zu erbringen sind. Überdies kann die Übergabe von Geld aber auch dem Ziel einer Entschuldung dienen, wenn durch die Entschuldung Zinsen erspart werden, die nicht geringer sind als die zugesagten Versorgungsleistungen. Allerdings setzt die Übergabe von Vermögenswerten für Zwecke der Schuldentilgung voraus, dass ein Wirtschaftsgut, das – wie z.B. ein Einfamilienhaus – der Erzielung von Erträgen, auch in Form eines Nutzungsvorteils, dient, von langfristigen Schulden entlastet wird.
Praxishinweis
Im Gegensatz zum BFH erkennt die Finanzverwaltung die Übergabe von Geldvermögen zum Zwecke der Schuldentilgung generell nicht als begünstigte Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen i.S. von §10 Abs.1 Nr.1a EStG an. Dem ist das Besprechungsurteil zu Recht nicht gefolgt. Die Ansicht der Finanzverwaltung trifft nur dann zu, wenn die zwischen Vermögensübergeber und Vermögensübernehmer vereinbarte Schuldentilgung Verbindlichkeiten des Übernehmers betrifft, die nicht in einem Veranlassungszusammenhang mit einem der Einkünfteerzielung dienenden Vermögen stehen. Das gilt etwa bei der Ablösung von Schulden des Übernehmers, die durch dessen aufwändigen Lebenswandel verursacht wurden. Der Streitfall liegt dagegen anders. Zwar diente das entschuldete Einfamilienhaus der Eigennutzung der Vermögensübernehmerin und damit nicht der Einkünfteerzielung. Jedoch haben Rechtsprechung und Finanzverwaltung die eigengenutzte Immobilie seit jeher dem zur Einkünfteerzielung eingesetzten Vermögen gleichgestellt und die durch die Eigennutzung ersparte (Netto-)Miete als "Einkommen im finanzwirtschaftlichen Sinne" angesehen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 1.3.2005, X R 45/03