Leitsatz
Hat sich der Vermögensübernehmer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gegenüber den Vermögensübergebern (Eltern) in einem Altenteilsvertrag verpflichtet, die Kosten eines ortsüblichen Grabmals zu tragen, so sind die dadurch nach dem Tod des erstverstorbenen Vermögensübergebers entstandenen Aufwendungen als dauernde Last i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar, soweit sie angemessen sind.
Sachverhalt
Mit Vertrag vom 28.12.1995 übertrugen die Eltern ihrem Sohn S ihren landwirtschaftlichen Betrieb im Wege vorweggenommener Erbfolge. Im Gegenzug gewährte S den Eltern ein umfassendes Leibgedinge u.a. mit der ausdrücklichen Verpflichtung, beim Tod der Eltern die Kosten für die standesgemäße Beerdigung und ein ortsübliches Grabmal zu tragen. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1997 machte S u.a. die Kosten für ein Grabmal von 10240 DM als dauernde Last geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Die Revision blieb erfolglos.
Entscheidung
Kosten der Beerdigung des Altenteilers gehören zivilrechtlich zu den Versorgungsleistungen eines Altenteilsvertrags. Dabei ist entgegen der Ansicht des Finanzamts nicht erforderlich, dass diese Verpflichtung für den Vermögensübergabevertrag "prägend" ist. So geht der BGH davon aus, dass die Verpflichtung zur Tragung von Beerdigungs- und Grabmalkosten zu einem Gefüge von Abreden gehört, die für vorweggenommene Erbfolgen typisch sind.
Vor diesem Hintergrund rechnen die angemessenen Aufwendungen für ein ortsübliches Grabmal steuerrechtlich zu den als dauernde Last abziehbaren Versorgungsleistungen. Dies gilt un-geachtet dessen, dass die Aufwendungen für ein Grabmal naturgemäß nicht wiederkehrend sind. Die Abziehbarkeit folgt hier aus der Zugehörigkeit zu den Versorgungsleistungen, die insgesamt eine zivilrechtliche und damit zusammenhängend auch steuerrechtliche Einheit bilden. Diese "Bündelung" verschiedenartiger Versorgungsleistungen schließt es aus, einen einmalig zu erbringenden Leistungsbestandteil isoliert zu betrachten, zumal wenn sich dieser als zeitlich letzter in einer Reihe unterschiedlicher laufender Zuwendungen an den Vermögensübergeber darstellt. Ohnehin hat die Rechtsprechung die frühere Doktrin von der "Steuerbarkeit bzw. Abziehbarkeit nach der äußeren Form der Wiederkehr" zwischenzeitlich generell aufgegeben.
Praxishinweis
Mit dem Besprechungsurteil hat der BFH seine frühere gegenteilige Rechtsprechung aufgegeben.
Das bürgerlich-rechtliche Altenteil stellt einen Inbegriff von Versorgungsleistungen verschiedener Art dar, die durch die gemeinsame Zweckbestimmung, den Berechtigten ganz oder teilweise zu versorgen, zu einer rechtlichen Einheit verbunden sind. Wie die Normen des geltenden Landesrechts zeigen, gehören auch die Kosten der Beerdigung einschließlich der Aufwendungen für ein ortsübliches Grabmal zu diesem Inbegriff. Diese Grundsätze sind – wie das Besprechungsurteil m.E. zutreffend ausführt – auch im Einkommensteuerrecht zu beachten.
Die Kehrseite der Abziehbarkeit beim Vermögensübernehmer nach dem Grundsatz der materiell-rechtlichen Korrespondenz zeigt sich darin, dass die Leistung bei der Mutter als überlebender Vermögensübergeberin gemäß § 22 Nr. 1 EStG steuerbar ist. Ausdrücklich offen ließ das Besprechungsurteil, ob entsprechende Grundsätze auch dann gelten, wenn nur ein Vermögensübergeber vorhanden ist und der Vermögensübernehmer dessen Erbe wird. In diesem Fall ist m.E. ein Abzug der Beerdigungskosten wegen der mit dem Erbfall eintretenden Konfusion nicht (mehr) möglich. Sind hingegen Vermögensübernehmer und Erbe verschiedene Personen, gelten m.E. dieselben Grundsätze wie im Streitfall mit der Maßgabe, dass der Erbe die Leistung nach § 22 Nr. 1 EStG versteuern muss.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 15.2.2006, X R 5/04