Leitsatz (amtlich)
Hat der Gesellschafter ein Verrechnungskonto zu verzinsen, das einen Sollsaldo aufweist und auf der Aktivseite der Gesellschaftsbilanz aufzuführen ist, kann dieses Konto entweder eine Darlehensforderung gegen den Gesellschafter dokumentieren oder aber als (negativer) Bestandteil des Kapitalkontos anzusehen sein. Handelt es sich um einen Bestandteil des Kapitalkontos, dient die Verzinsung allein der zutreffenden Gewinnverteilung und führt nicht zu einer Erhöhung des Gewinns.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist in den Streitjahren 1986 bis 1990 J mit einer Einlage von 95 000 DM war. Für die Gesellschafter waren nach dem Gesellschaftsvertrag feste und unverzinsliche Kapitalkonten für die Kapitaleinlagen zu führen. Außerdem wurde ein Konto "Rücklage" geführt, das der Gesellschaft gesamthänderisch zustehen sollte und auf dem jeweils nach Gesellschafterbeschluss ein Teil des Jahresüberschusses sowie - bis zur Erschöpfung des Kontobestands - Jahresfehlbeträge zu belasten waren. Für jeden Gesellschafter sollte außerdem ein "veränderliches Darlehenskonto" geführt werden, auf dem insbesondere Gewinnanteile, Entnahmen und Einzahlungen zu verbuchen waren. Dieses Konto war im Fall des Guthabens des Gesellschafters mit 2% über Bundesbankdiskont, im Falle einer Schuld mit 4 % über Bundesbankdiskont zu verzinsen. In ihren Bilanzen zum 31.12.1985 bis 31.12. 1990 wies die Klägerin jeweils auf der Aktivseite Forderungen gegen den Kommanditisten zwischen rd. 900 000 DM und ca. 1,6 Mio. DM aus. Die Klägerin behandelte die J belasteten Zinsen buchmäßig zunächst als Betriebseinnahmen, verminderte aber in gleicher Höhe den ausgewiesenen Bilanzgewinn und berücksichtigte den jeweiligen Betrag als negative Vorabvergütung des J. Demgegenüber meinte
das Finanzamt, das Konto sei ein echtes Darlehenskonto und die Zinsen demzufolge Betriebseinnahmen. Das FG wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die zu Lasten des sog. Darlehenskontos von J verbuchten Zinsen für den dortigen Sollsaldo sind keine Betriebseinnahmen der Klägerin. Das "Darlehenskonto" ist als Kapitalkonto zu beurteilen.
Eine Gesellschaft kann ihren Gesellschaftern Kredit gewähren mit der Folge, dass von dem Gesellschafter erbrachte Zinsleistungen den handelsrechtlichen Gewinn der Gesellschaft erhöhen. Steuerrechtlich sind vom Gesellschafter geleistete Zinsen allerdings nur dann Betriebseinnahmen und damit gewinnwirksam zu erfassen, wenn sie für eine echte Darlehensforderung der Gesellschaft gegen den Gesellschafter gewährt werden. Hat der Gesellschafter ein Verrechnungskonto zu verzinsen, das einen Sollsaldo aufweist und auf der Aktivseite der Gesellschaftsbilanz aufzuführen ist, kann dieses Konto entweder eine Darlehensforderung gegen den Gesellschafter dokumentieren oder aber als (negativer) Bestandteil des Kapitalkontos anzusehen sein. Wird ein Kapitalkonto verzinst, dient die Verzinsung allein einer zutreffenden Gewinnverteilung. Die vom Gesellschafter zu leistenden Zinsen sind dann keine Betriebseinnahmen und haben keine Auswirkung auf die Höhe des von der Gesellschaft erzielten Gewinns.
Die Entscheidung darüber, ob ein aktivisches Gesellschafterkonto eine reine Forderung ausweist oder als Kapitalkonto anzusehen ist, ist nach den Kriterien vorzunehmen, die der Senat in seinem Urteil vom 27.6.1996 dargestellt hat. Danach ist vor allem dann von einem Kapitalkonto auszugehen, wenn auf dem Konto Verlustanteile des Gesellschafters verbucht werden. Denn mit dem Begriff des Darlehens ist eine Verlustbeteiligung nicht vereinbar. Dementsprechend ist auch dann von einem Kapitalkonto auszugehen, wenn das Konto im Fall des Ausscheidens des Gesellschafters oder der Liquidation der Gesellschaft in die Ermittlung des Abfindungsguthabens des Gesellschafters eingeht. Bei einem Darlehenskonto käme allenfalls die Verrechnung mit einem Abfindungsguthaben in Betracht. Für die Qualifizierung als Kapitalkonto spricht außerdem, wenn auf dem Konto Entnahmen und Einlagen zu verbuchen sind. Von Bedeutung kann schließlich sein, ob für die Kapitalüberlassung Höchstbeträge festgelegt, Sicherheiten gestellt und Tilgungsvereinbarungen getroffen worden sind.
Im Streitfall ist das sog. Darlehenskonto des J schon deswegen als Kapitalkonto zu beurteilen, weil Verluste auf diesem Konto zu verbuchen waren, nachdem das Rücklagekonto und das feste Kapitalkonto des J erschöpft waren. Der Kapitalkontocharakter des sog. Darlehenskontos ergibt sich außerdem daraus, dass es in die Ermittlung des Abfindungsguthabens einzubeziehen war. Dagegen lassen die vom FG herangezogenen Indizien keinen Schluss darauf zu, dass ein echtes Darlehen vorlag. Aus dem Ausweis des Kontos auf der Aktivseite der Bilanz, in einem Jahr sogar unter der Rubrik "Umlaufvermögen" können keine Rückschlüsse auf den Charakter des Kontos gezogen werden, denn sowohl Darlehens- als auch Kapitalkonten können einen Sollsaldo aufweisen und als Aktivposte...