Zitat

(1) 1Auf Grund der Verschmelzung ist jedes Mitglied einer übertragenden Genossenschaft entsprechend dem Verschmelzungsvertrag an dem übernehmenden Rechtsträger beteiligt. 2Eine Verpflichtung, bei einer übernehmenden Genossenschaft weitere Geschäftsanteile zu übernehmen, bleibt unberührt. 3Rechte Dritter an den Geschäftsguthaben bei einer übertragenden Genossenschaft bestehen an den Anteilen oder Mitgliedschaften des übernehmenden Rechtsträgers anderer Rechtsform weiter, die an die Stelle der Geschäftsanteile der übertragenden Genossenschaft treten. 4Rechte Dritter an den Anteilen oder Mitgliedschaften des übertragenden Rechtsträgers bestehen an den bei der übernehmenden Genossenschaft erlangten Geschäftsguthaben weiter.

1 Zweck der Regelung

 

Rz. 1

Das UmwG trägt den Besonderheiten der genossenschaftsrechtlichen Mitgliedschaft in § 87 lediglich insofern Rechnung, als angeordnet wird, dass ungeachtet einer Verpflichtung bei der übernehmenden Genossenschaft, weitere Geschäftsanteile zu übernehmen, die Mitglieder einer übertragenden Genossenschaft entsprechend dem Verschmelzungsvertrag am übernehmenden Rechtsträger beteiligt sind (§ 87 Abs. 1). Übersteigt das Geschäftsguthaben eines Mitgliedes den Gesamtbetrag der Beteiligung bei der übernehmenden Genossenschaft, wird die Auszahlung an das Mitglied in § 87 Abs. 2 UmwG geregelt. Über diese Regelung hinaus bestehen aber auf Grundlage der genossenschaftsrechtlichen Regelungen weitere zu beachtende Besonderheiten (im Einzelnen siehe oben).

2 Erwerb der Mitgliedschaft

 

Rz. 2

Der Erwerb der Mitgliedschaft bei der übernehmenden Genossenschaft erfolgt zum Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das Genossenschaftsregister am Sitz der übernehmenden Genossenschaft, § 20. Die Mitglieder werden unmittelbar kraft Gesetzes Mitglieder der übernehmenden Genossenschaft. Dies bedeutet, dass keine Beitrittserklärungen abzugeben sind und auch keine Zulassung durch den Vorstand erforderlich ist. Anderes gilt für die Mitglieder der Organe. Diese müssen durch Wahl- bzw. Bestellakte ggf. für ihre Tätigkeit in den Organen der übernehmenden Genossenschaft legitimiert werden.

 

Rz. 3

Ist ein Mitglied sowohl Mitglied bei der übernehmenden als auch bei der übertragenden Genossenschaft, so kann diese Doppelmitgliedschaft nicht fortgeführt werden. Das Mitglied bleibt Mitglied der übernehmenden Genossenschaft, die Mitgliedschaft in der übertragenden erlischt. Ist bei der übernehmenden Genossenschaft nur eine Beteiligung mit weniger Anteilen möglich, als die Anrechnung des Geschäftsguthabens bei der übertragenden Genossenschaft ergeben würde, so ist nach § 87 Abs. 2 der Differenzbetrag auszuzahlen. Da in der Regel in den Satzungen der Wohnungsgenossenschaften die Beteiligung mit freiwilligen Anteilen möglich ist (siehe auch Mustersatzung § 17), kann das Geschäftsguthaben bei der übertragenden Genossenschaft auf das Geschäftsguthaben bei der übernehmenden angerechnet werden. Eine entsprechende Regelung hat dann im Verschmelzungsvertrag zu erfolgen. Rückständige Zahlungen bzw. Ratenzahlungsverpflichtungen bei der übertragenden Genossenschaft entfallen dann. Mögliche Differenzbeträge sind entweder unter Berücksichtigung des Gläubigeraufrufs nach § 22 GenG auszuzahlen (§ 87 Abs. 2) oder es ist bei der übernehmenden Genossenschaft ein weiterer (freiwilliger Anteil) zu zeichnen. Die Zahlung erfolgt unter Anrechnung des Differenzbetrags. Letzteres ist im Verschmelzungsvertrag entsprechend zu regeln (a. A. Holthaus/Lehnhoff in Lang/Weidmüller § 87 RN.11). Durch die Beschlussfassung über den Verschmelzungsvertrag vorab bei der übertragenden Genossenschaft ist diese Regelung im Rahmen der genossenschaftlichen Duldungspflicht von den betroffenen Mitgliedern zu akzeptieren.

 

Rz. 4

Die genossenschaftliche Duldungspflicht geht als selbstständiger Teil der Treuepflicht aus dieser hervor (Bauer § 18 RN 100). Sie bedeutet, dass das einzelne Mitglied sich Mehrheitsbeschlüssen der Generalversammlung zu beugen hat, sofern sie nicht in seine geschützten Rechtspositionen eingreifen (z. B. Eingriffe in Mitgliedschaftsrechte oder auch Eingriffe in laufende Verträge). Der BGH (Urteil v. 19.04.1971, II ZB 3/70: siehe auch BGH v. 15.06.1978, II ZR 13/77) stellte fest, dass es der Generalversammlung einer Genossenschaft möglich ist, auch gegen den Willen einer Minderheit eine satzungsändernde Regelung zu treffen, die das einzelne Mitglied unmittelbar oder mittelbar mit einer neuen, in der Satzung bis dahin nicht vorgesehenen Verpflichtung belasten kann. Eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen ist ausreichend, um tief einschneidende genossenschaftliche Veränderungen herbeizuführen. Hierzu gehören die Änderung des Gegenstands des Unternehmens (§ 16 Abs. 2 GenG) ebenso wie die Erhöhung des Geschäftsanteils oder der Haftsumme (§ 16 Abs. 2 GenG bzw. § 121 GenG) usw. In diesen Bestimmungen hat die genossenschaftliche Duldungspflicht ihren Ausdruck gefunden, so der BGH. Sie bedeutet, dass sich jedes Mitglied in den durch Gesetz, Satzung und den Grundsatz der G...

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