Leitsatz
Richtet sich eine Gegenvorstellung analog § 321a ZPO gegen eine durch einfachen Brief bekannt gegebene Entscheidung des Gerichts, gilt für den Beginn der Frist zur Erhebung der Gegenvorstellung die Bekanntgabefiktion analog § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO, § 4 Abs. 1 VwZG (Drei-Tages-Frist).
Sachverhalt
Der BFH verwarf die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision wegen fehlender Postulationsfähigkeit durch Beschluss vom 20.3.2003 als unzulässig. Gegen diesen mit einfachem, am 18.7.2003 zur Post aufgegebenem Brief bekannt gegebenen Beschluss erhob der Kläger am 14.8.2003 Gegenvorstellung mit dem Begehren auf Wiedereinsetzung, weil er vergeblich versucht habe, einen postulationsfähigen Rechtsvertreter zu finden. Dazu sei der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt worden. Diesen Antrag hatte der Senat ebenfalls abgelehnt; dagegen hat der Kläger ebenfalls Gegenvorstellung erhoben mit dem Hinweis, diese bedürfe keines Prozessvertreters und sei nicht fristgebunden.
Entscheidung
Die Gegenvorstellung hat schon deshalb keinen Erfolg, weil sie nicht rechtzeitig erhoben wurde. Die Frist zur Erhebung der Gegenvorstellung begann mit der Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. Er konnte mit einfachem Brief bekannt gegeben werden, da eine förmliche Zustellung nach § 53 FGO nicht erforderlich war. Denn der unanfechtbare Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde setzt keine Frist i.S.d. § 53 Abs. 1 FGO in Gang; die Frist analog § 321a Abs. 2 Satz 2 ZPO für die streitige Gegenvorstellung gehört nicht zu den Fristen i.S. des § 53 Abs. 1 FGO, weil diese sich nur auf förmliche Rechtsmittel bezieht.
Infolgedessen galt der Beschluss in analoger Anwendung der Drei-Tages-Frist gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO und § 4 Abs. 1 VwZG als am 21.7.2003 bekannt gegeben. Dem gemäß endete die Frist für die Erhebung der Gegenvorstellung mit Ablauf des 4.8.2003, so dass das später eingegangene Telefax die Frist nicht gewahrt hat. Ob insoweit eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte in Betracht kommen können, hat der Senat dahinstehen lassen, weil die Gegenvorstellung nicht von einer postulationsfähigen Person erhoben worden und schon aus diesem Grunde unzulässig war. Denn § 62a Abs. 1 FGO gilt auch für die Erhebung einer Gegenvorstellung gegen Entscheidungen in Verfahren, die wie das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren dem Vertretungszwang unterliegen. Da der Kläger nicht zu den Vertretungsberechtigten i.S. der Vorschrift gehörte, konnte er selbst keine wirksame Gegenvorstellung erheben. Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, keinen Prozessvertreter gefunden zu haben.
Praxishinweis
Nach der Rechtsprechung ist eine Gegenvorstellung auch gegen Entscheidungen des BFH grundsätzlich statthaft. § 321a ZPO enthält den allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass die Beseitigung schweren Verfahrensunrechts nach Ergehen einer mit förmlichen Rechtsmitteln nicht anfechtbaren Entscheidung durch das entscheidende Gericht selbst zu erfolgen hat. Die Vorschrift gilt deshalb entsprechend auch für die Gerichte anderer Gerichtsbarkeiten – insbesondere der Finanzgerichtsbarkeit – und nicht nur für die Gerichte der ersten Instanz. Sie ist vielmehr immer dann geboten, wenn die Entscheidung eines Gerichts nicht mehr anfechtbar ist.
Link zur Entscheidung
BFH-Beschluss vom 30.9.2004, IV S 9/03