Das steht im Urteil
Verschafft sich der Geschäftsführer einer Familien-GmbH, der nicht selbst Gesellschafter, aber Familienangehöriger eines Gesellschafters ist, widerrechtlich Geldbeträge aus dem Vermögen der GmbH, so ist dem Gesellschafter keine mittelbare verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen, wenn ihm die widerrechtlichen eigenmächtigen Maßnahmen des Geschäftsführers nicht bekannt waren und auch nicht in seinem Interesse erfolgt sind.
Der Hintergrund
Im Streitfall ging es um eine GmbH, an der A zu 98 % und seine Schwiegertochter zu 2 % beteiligt waren. Sein Sohn (B) war zunächst alleiniger Geschäftsführer; A wurde 1999 als weiterer Geschäftsführer bestellt. – B hatte an die GmbH fingierte Rechnungen gerichtet und die jeweiligen Beträge für sich selbst verwendet (im Streitjahr 1997 insgesamt 133.690 DM, im Streitjahr 1998 insgesamt 197.169 DM und im Streitjahr 1999 insgesamt 160.746 DM). Das Finanzamt beurteilte diese Zahlungen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an eine den Gesellschaftern nahestehende Person und rechnete sie dem A entsprechend seinem Anteil an der GmbH zu 98 % als weitere Einnahmen aus Kapitalvermögen zu.
Die Entscheidung des BFH
Der BFH hält dies für unzutreffend. Eine vGA liegt nur vor, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und diese Zuwendung ihren Anlass im Gesellschaftsverhältnis hat. Die vGA ist – im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) beim Gesellschafter zu erfassen, wenn ihm der Vermögensvorteil zufließt (§ 8, § 11 Abs. 1 EStG). Auch ohne tatsächlichen Zufluss beim Gesellschafter kann eine vGA gegeben sein, wenn der Vorteil dem Gesellschafter mittelbar in der Weise zugewendet wird, dass eine ihm nahestehende Person aus der Vermögensverlagerung Nutzen zieht. Die Zuwendung eines Vermögensvorteils an eine nahestehende Person ist unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser Zuwendung hat. Dies gilt allerdings uneingeschränkt nur für den Fall, dass andere Ursachen für die Zuwendung als das Nahestehen des Empfängers zu einem Gesellschafter auszuschließen sind. Verschafft sich ein Geschäftsführer, der nicht zugleich Gesellschafter ist, widerrechtlich Geldbeträge aus dem Vermögen der GmbH – wie im Streitfall durch das Ausstellen von Scheinrechnungen –, so ist dem Gesellschafter keine mittelbare vGA zuzurechnen, wenn ihm die widerrechtlichen eigenmächtigen Maßnahmen des Geschäftsführers nicht bekannt waren und auch nicht in seinem Interesse erfolgt sind. Eine solche Zuwendung der GmbH an den Geschäftsführer ist auch dann nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn die widerrechtlichen Maßnahmen des Geschäftsführers durch unzureichende oder fehlende Kontrolle seitens der Gesellschafterversammlung erleichtert oder ermöglicht worden sind. Es gibt keine Rechtspflicht des Gesellschafters einer GmbH zur sorgfältigen Überwachung des Geschäftsführers.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 19.6.2007, VIII R 54/05