Leitsätze (amtlich)

  1. § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG 1983 verlangt u.a. als (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal, dass der Berechtigte das Kaufangebot zum Nutzen der eigenen wirtschaftlichen Interessen verwertet. Die Voraussetzung kann auch dann vorliegen, wenn der Benennungsberechtigte wirtschaftliche Interessen Dritter wahrnimmt, denen gegenüber er im Hinblick auf die Ausübung des Benennungsrechts vertraglich gebunden ist. Ein Handeln im Interesse des Grundstücksveräußerers oder des (präsumtiven) Erwerbers reicht nicht aus.
  2. Wird vom Berechtigten eine Gesellschaft als Grundstückserwerberin benannt, so reicht für die Annahme, der Berechtigte habe im wirtschaftlichen Interesse der Gesellschafter der benannten Gesellschaft gehandelt, das sich allein aus der Gesellschafterstellung ergebende Interesse nicht aus. Dies gilt auch für solche mittelbaren Vorteile, die dem Benennungsberechtigten infolge der Ausübung des Benennungsrechts allein aufgrund gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen zufallen. In beiden Fällen muss vielmehr durch die Ausübung des Benennungsrechts ein konkreter Vermögensvorteil bei den Gesellschaftern eintreten, der über ihr Interesse als Gesellschafter hinausreicht.
 

Sachverhalt

Die Gemeinde B verpflichtete sich durch notariellen Vertrag vom 2.3.1993 gegenüber der Klägerin, einer KG, einen Kaufvertrag über mehrere Grundstücke mit einem oder mehreren von der Klägerin noch zu benennenden Dritten nach Maßgabe eines mitbeurkundeten Verkaufsangebots abzuschließen. Die Klägerin sollte nicht berechtigt sein, sich selbst als Käuferin zu benennen. Die Gemeinde B war an das Angebot bis zum 31.12.1994 gebunden. Auf diesen Grundstücken sollte ein Warenwirtschaftszentrum von der erst am 31.3.1993 gegründeten A-GmbH errichtet und betrieben werden. Zwei Gesellschafter der Klägerin sind zu insgesamt 50 % an der A-GmbH beteiligt. Durch notarielle Erklärung vom 22.7.1993 benannte die Klägerin die A-GmbH als Angebotsempfängerin, welche gleichzeitig das Verkaufsangebot der Gemeinde B vom 2.3.1993 annahm. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin durch die Ausübung des Benennungsrechts den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG 1983 verwirklicht habe. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Zutreffend hat das FG entschieden, dass die notariell beurkundete Erklärung vom 22.7.1993 nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG 1983 der Grunderwerbsteuer unterliegt. Zwar sind die durch den Gesetzeswortlaut vorgegebenen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG 1983 erfüllt worden. Die Steuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG 1983 ist jedoch nicht entstanden, weil das von der Rechtsprechung vorausgesetzte ungeschriebene Tatbestandsmerkmal, dass der Berechtigte das Kaufangebot zum Nutzen der eigenen wirtschaftlichen Interessen verwertet[2], nicht vorliegt. Dafür reicht es zwar gegebenenfalls aus, wenn der Benennungsberechtigte wirtschaftliche Interessen Dritter wahrnimmt[3]. Handeln zum Nutzen der eigenen wirtschaftlichen Interessen liegt allerdings nicht vor, soweit der Berechtigte sein Benennungsrecht im Interesse des Grundstücksveräußerers oder des (präsumtiven) Erwerbers ausübt[4].

Nach dem vom Senat festgestellten und für den Senat bindenden Sachverhalt hat die Klägerin ihr Benennungsrecht nicht in Verfolgung eigener Interessen oder von wirtschaftlichen Interessen Dritter ausgeübt. Vielmehr hat die Klägerin mit der Ausübung des Benennungsrechts (ausschließlich) das Interesse der A-GmbH als der zukünftigen Erwerberin der Grundstücke wahrgenommen. Dies schließt den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG 1983 aus. Die durch die Förderung der Interessen der A-GmbH als zukünftiger Erwerberin der Grundstücke möglicherweise mittelbar eintretenden Vorteile bei den auch an der Klägerin beteiligten Gesellschaftern der A-GmbH können nicht als eigener wirtschaftlicher Vorteil der Klägerin angesehen werden. Auch der mögliche eigene wirtschaftliche Vorteil der Gesellschafter selbst an der Benennung der A-GmbH erfüllt nicht den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG 1983, denn er beruht lediglich auf ihrer Gesellschafterstellung und den sich hierdurch notwendigerweise einstellenden wirtschaftlichen Reflexen. Dies reicht nicht aus. Vielmehr muss durch die Ausübung des Benennungsrechts ein konkreter Vermögensvorteil bei den Gesellschaftern eintreten, der über ihr Interesse als Gesellschafter hinaus reicht[5]. Entsprechendes gilt auch für die Vorteile, die der Klägerin infolge der Ausübung des Benennungsrechts allein aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an Tochtergesellschaften möglicherweise zugefallen sind. Auch insoweit bedarf es eines durch die Ausübung des Benennungsrechts konkret eingetretenen Vermögensvorteils, der über das Interesse der Klägerin als Gesellschafterin ihrer Tochtergesellschaft hinaus reicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 15.3.2000 - II R 30/98

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