Verspätete Geltendmachung
Das OLG Koblenz hatte jüngst darüber zu befinden, ob und in welchem Umfang einem Miterben Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche über den Nachlass eines mehr als 9 Jahre zuvor verstorbenen Erblassers zustehen.
Auskunftsverlangen
Der Kläger (S) machte gegen seine Mutter (M) Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche sowohl über den Nachlass seines 1969 verstorbenen leiblichen Vaters (V) als auch über den Nachlass seines 1999 verstorbenen Adoptivvaters (A) geltend. V wurde durch M, S und ein weiteres Kind beerbt, A von M, S und 2 weiteren Kindern. Zu beiden Nachlässen gehörten Grundstücke, zum Nachlass des A auch dessen Anteil an Gemeinschaftskonten mit erheblichem Vermögen. S forderte M 2008 auf, Auskunft über den Bestand beider Nachlässe, über die in Bezug auf die Nachlässe geführten erbschaftlichen Geschäfte sowie über den Verbleib von Nachlassgegenständen zu erteilen. M machte verschiedene Angaben, erteilte aber keine vollständige zusammenhängende Auskunft. S erhob daraufhin Stufenklage, die auf Zustimmung zu Teilungsplänen für die Auseinandersetzung beider Nachlässe gerichtet war.
Zurückweisung
Das Landgericht wies die Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche insgesamt zurück. M habe nach 39 bzw. 9 Jahren nicht mehr damit rechnen müssen, entsprechende Auskünfte zu erteilen. Frühere Vorstöße seien lediglich auf eine Erbauseinandersetzung gerichtet gewesen, die S allerdings im Hinblick auf die finanzielle Lage eines Familienunternehmens zurückgestellt habe. Zudem sei S an der Verwaltung des Nachlasses selbst beteiligt gewesen.
Auskunftsanspruch verwirkt
Das OLG Koblenz hingegen verurteilte M (lediglich) zur Erteilung eines Bestandsverzeichnisses über sämtliche im Nachlass des A befindliche Grundstücke und Bankkonten und wies im Übrigen die Klage auf Auskunft und Rechenschaft ab. Das Gericht bejahte den Auskunftsanspruch dem Grunde nach, da S zwar im Rahmen seiner Tätigkeit als "Vermögensverwalter" Kenntnis über Teile des Nachlassvermögens erlangt hatte, aber erst anhand eines Bestandsverzeichnisses abschließend beurteilen könne, ob seine Kenntnisse vollständig seien. Allerdings könne den Auskunfts- und Rechenschaftsforderungen der Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden. Dass der weiter bestehende Auseinandersetzungsanspruch des S hierdurch möglicherweise bis an die Grenze der faktischen Unmöglichkeit erschwert wird, nahm das OLG ausdrücklich hin. Die Verwirkung betreffe nicht die Nachlassgegenstände wie Grundstücke und Kontoguthaben, deren rechtliches Schicksal ohne besondere Schwierigkeiten nachträglich rekonstruierbar sei. Hinsichtlich der Bankguthaben sieht das OLG allerdings nur eine Verpflichtung zur Mitteilung der Kontensalden zum Todestag. Nachdem die ursprünglichen Gemeinschaftskonten auf M umgeschrieben worden waren, sei eine immer unübersehbarere Vermischung mit dem eigenen Vermögen der M eingetreten, sodass spätere Kontosalden wie auch eventuelle aus dem Kontoguthaben finanzierte Surrogate nicht mehr einer konkreten Herkunft der Finanzmittel zugeordnet werden könnten.
(OLG Koblenz, Urteil v. 19.12.2013, 2 U 1191/11, ZErb 2014 S. 72, dazu Lehmann/Hahn, ZEV 2014, S. 196)