Leitsatz (amtlich)

Auch wenn der Pächter im Fall der eisernen Verpachtung den Verpachtungsbetrieb vor Ablauf der Pachtzeit im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übernimmt, ist der Verzicht des Verpächters auf den Anspruch auf Substanzerhaltung bei ihm als Zufluss zu beurteilen (Anschluss an BFH-Urteil vom 12.4.1989, IR 41/85, BStBl II1989, S. 612 = INF 1989, S. 447).

 

Sachverhalt

Der Kläger pachtete ab 1.3.1989 den landwirtschaftlichen Betrieb seines damals 57jährigen Vaters (V). Das Pachtverhältnis sollte am 30.6.2001 enden. V überließ dem Kläger das gesamte lebende und tote Inventar im Rahmen einer eisernen Verpachtung. Der Kläger war verpflichtet, bei Pachtende wertmäßig so viel an Inventarstücken zurückzugeben, wie er bei Beginn des Pachtverhältnisses empfangen hatte. V konnte Geldersatz verlangen, wenn die übergebenen Inventarstücke nicht mehr vorhanden waren. Ver-

mittelte seinen Gewinn bis zum 30.6.1989 nach §4 Abs. 1 EStG, anschließend nach § 4 Abs. 3 EStG. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG. Einzelne Stücke des von V in der Bilanz zum 30.6.1989 bilanzierten Inventars setzte der Kläger mit den höheren Wiederbeschaffungskosten an. Bei den anderen gepachteten Stücken führte der Kläger die von V angesetzten Buchwerte fort. Von den angesetzten Werten nahm er AfA vor. Mit Wirkung vom 1.7.1993 übertrug V dem Kläger unentgeltlich den bis dahin verpachteten landwirtschaftlichen Betrieb. Das Finanzamt rechnete die Differenz zwischen den Buchwerten und den Schätzwerten dem laufenden Gewinn des Klägers für das Wirtschaftsjahr 1993/94 zu und setzte die ESt 1993 entsprechend fest. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision des Finanzamts blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Nach der Rechtsprechung des BFH[2] hat der Verpächter im Fall der sog. eisernen Verpachtung, bei der das Inventar bei Beendigung des Pachtverhältnisses zum Schätzwert zurückzugeben ist[3], den Anspruch auf Erhaltung und Erneuerung der Pachtgegenstände in Höhe des jährlich zuwachsenden Teilanspruchs zu aktivieren. Das gilt grundsätzlich auch, wenn Eltern ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb an den voraussichtlichen Hofnachfolger "eisern" verpachten[4]. Der Anspruch ist vom Verpächter und Pächter an jedem Bilanzstichtag unter Berücksichtigung der Wiederbeschaffungskosten neu zu bewerten. Sind die vereinbarten Schätzwerte sachgerecht, wirkt sich erst die laufende Neubewertung des übernommenen Inventars beim Verpächter und beim Pächter ertragswirksam aus. Sind - wie hier - die Wiederbeschaffungskosten höher als die vom Verpächter ursprünglich aufgewandten Anschaffungs- und Herstellungskosten, kann der Rückstellungsbedarf des Pächters sogar höher sein als eine von ihm in Anspruch genommene AfA.

Überträgt der Verpächter den "eisern verpachteten" Betrieb unentgeltlich an den Pächter, so ist grundsätzlich § 7 Abs. 1 EStDV anzuwenden. Der Pächter tritt in die Stellung des Verpächters ein. Er führt dessen Betrieb, dessen Gewinnermittlung und dessen Buchwerte fort. Wechselt der Pächter die Gewinnermittlungsart oder überführt er den unentgeltlich erworbenen Betrieb in einen schon vorher bestehenden eigenen, so treten die damit verbundenen steuerlichen Folgen bei ihm ein. Jeweils kann er keine Rückstellung für die ungewisse Verbindlichkeit aus Substanzerneuerung mehr ansetzen. Die ungewisse Verbindlichkeit ist durch Vereinigung von Forderung und Schuld in der Person des Pächters untergegangen. Allerdings ist zu beachten, dass der Forderungsverzicht eines Gläubigers bei demselben in Höhe des Teilwerts zum Zufluss der Forderung führt, auf die verzichtet wird[5]. Zwischen einem individuellen Forderungsverzicht und der Abtretung an den Pächter besteht wirtschaftlich kein Unterschied. Sind aber beide Gestaltungen steuerlich gleich zu behandeln und lösen beide den Zufluss der Forderung beim Gläubiger aus, so vollzieht sich dieser Zufluss einerseits beim Verpächter und andererseits in dem Augenblick unmittelbar vor der Betriebsübertragung. Danach hätte das Finanzamt die Differenz zwischen den eingestellten Schätzwerten und den "eingefrorenen Buchwerten" bei V erfassen müssen. Die Erfassung beim Kläger war fehlerhaft. Deshalb wurde der angefochtene Steuerbescheid zu Recht korrigiert.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 24.6.1999 - IV R 73/97

[3] Vgl. § 582a BGB
[4] Vgl. BFH-Urteil vom 28.5.1998, a. a. O. (Fn. 2)

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