Zusammenfassung
Die Unternehmen der Wohnungswirtschaft, d. h. sowohl Genossenschaften als auch Gesellschaften (GmbH und AG), sind in der täglichen Praxis in vielfältiger Form mit Vollmachten konfrontiert.
Dies betrifft z. B. die Fälle, in denen Mieter und Wohnungsnutzer im Rahmen des Miet- bzw. Nutzungsverhältnisses Dritten (z. B. ihren Kindern) Vollmachten erteilt haben, um ihre laufenden Angelegenheiten für sie gegenüber dem Wohnungsunternehmen wahrzunehmen. Bei Wohnungsgenossenschaften kann neben den Wohnungsangelegenheiten auch das Mitgliedschaftsverhältnis von Vollmachtserteilungen betroffen sein, insbesondere bei der Vertretung in der Generalversammlung. Hier sind nicht nur die allgemeinen zivilrechtlichen Voraussetzungen zu beachten, sondern darüber hinaus auch die besonderen Anforderungen nach dem Genossenschaftsgesetz und ggf. der Satzung einzuhalten. Auch bei der Verwaltung von Wohnungseigentum spielen Vollmachten regelmäßig eine Rolle.
Die Wohnungsunternehmen selbst haben ebenfalls die Möglichkeit, durch ihre gesetzlichen Vertretungsorgane Vollmachten in unterschiedlichem Umfang zu erteilen, um regelmäßig anfallende Aufgaben durch Delegation an Mitarbeiter unterhalb der Geschäftsleitung mit Rechtswirkung für das Unternehmen erledigen lassen zu können.
Wenn die maßgeblichen rechtlichen Regelungen eingehalten werden, kann das Instrument der Vollmacht ein sinnvolles Mittel sein, zahlreiche Angelegenheiten für alle Seiten zufriedenstellend und zur Verringerung von Verwaltungsaufwand zu erledigen.
1 Rechtliche Grundlagen der Vollmacht
1.1 Was versteht man unter einer Vollmacht?
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) versteht man unter einer Vollmacht die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (§ 166 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Vollmacht ist ein Mittel, den eigenen rechtsgeschäftlichen Wirkungskreis durch Arbeitsteilung zu erweitern.
Die Vertretungsmacht kann aber auch ein Mittel des Schutzes und der Fürsorge sein. Beispiele für eine gesetzliche Vertretungsmacht sind:
- Eltern als gesetzliche Vertreter für ihre geschäftsunfähigen oder beschränkt geschäftsfähigen Kinder (§ 1629 BGB),
- Vormund (§ 1793 BGB),
- Betreuer (§ 1902 BGB),
- Verwalter (§ 27 Abs. 2 WEG).
Die Vertretung juristischer Personen durch ihre Organe ist mit der gesetzlichen Vertretung verwandt:
Beispiele:
- Wohnungsbaugenossenschaft durch den Vorstand (§ 25 GenG)
- Wohnungsbau-GmbH durch den/die Geschäftsführer (§ 35 GmbHG)
- Wohnungsbau AG durch den Vorstand (§ 87 AktG)
Konkrete Regelungen hinsichtlich der Vertretungsberechtigung in solchen Fällen enthalten:
- Satzung (vgl. § 22 Abs. 2 der Mustersatzung für Wohnungsgenossenschaften: z. B. 2 Vorstandsmitglieder gemeinsam oder ein Vorstandsmitglied in Gemeinschaft mit einem Prokuristen) bzw.
- Gesellschaftsvertrag (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 des Gesellschaftsvertrags für Wohnungsgesellschaften (GmbH): z. B. 2 Geschäftsführer gemeinschaftlich oder ein Geschäftsführer gemeinschaftlich mit einem Prokuristen),
und
- öffentliches Register (Genossenschaftsregister bzw. Handelsregister) hinsichtlich der jeweiligen Personen.
1.2 Wie erteilt man eine Vollmacht?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Erteilung einer Vollmacht:
Erteilung gegenüber dem Vertreter (sog. Innenvollmacht, § 167 Abs. 1 Alt. 1 BGB).
Beispiel: Wohnungsnutzer W bevollmächtigt seinen Sohn S, ihn gegenüber der Genossenschaft zu vertreten.
Erteilung gegenüber dem Dritten, dem gegenüber die Vertretung erfolgen soll ( sog. Außenvollmacht, § 167 Abs. 1 Alt. 2 BGB)
Beispiel: Wohnungsnutzer W teilt der Genossenschaft mit, dass sein Sohn S bevollmächtigt ist, ihn gegenüber der eG zu vertreten.
- Als Alternative besteht auch die Möglichkeit, dass der Vertreter dem Dritten eine Vollmachtsurkunde vorlegt, die der Vollmachtgeber dem Vertreter ausgehändigt hat (§ 172 Abs. 1 BGB).
Weitere Möglichkeiten der Bevollmächtigung sind:
- Öffentliche Bekanntmachung (§ 171 BGB),
- Testament,
- Vertrag.
Eine Bevollmächtigung ist grundsätzlich formlos möglich, d. h. Vollmachten können z. B. wie folgt erteilt werden:
- schriftlich,
- mündlich,
- per Fax,
- stillschweigend durch sog. schlüssiges Verhalten (konkludentes Handeln, z. B. Beauftragung eines Architekten ohne ausdrückliche Vollmachtserteilung im Vertrag).
Ausnahmen vom Grundsatz der Formfreiheit bestehen u. a. bei:
- Unwiderruflicher Vollmacht zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrags (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH)),
- Ausschlagung einer Erbschaft (§ 1945 Abs. 2 BGB: notarielle Beglaubigung erforderlich),
- Abschluss eines GmbH-Vertrags (§ 2 GmbHG: notarielle Beglaubigung erforderlich).
Duldungs- oder Anscheinsvollmacht
In Fällen, in denen jemand duldet, dass ein ande...