Leitsatz
Es kann offen bleiben, ob ein Gewerbetreibender, der auf seine Kosten auf dem ihm und seinem Ehegatten je zu ½ gehörenden Grundstück ein betrieblich genutztes Gebäude errichtet hat, wirtschaftlicher Eigentümer der Gebäudehälfte der Ehefrau geworden ist. Selbst wenn man dies verneint, ist ihm die Gebäudehälfte der Ehefrau jedenfalls "wie ein materielles Wirtschaftsgut" zuzurechnen.
Bei einer selbstgenutzten Wohnung im eigenen Haus sind die Voraussetzungen für die weitere Anwendung der Nutzungswertbesteuerung im Rahmen der sog. großen Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG 1987 insoweit nicht mehr gegeben, als ein Ehegatte nach dem 31.12.1986 den Miteigentumsanteil des anderen Ehegatten hinzuerwirbt und danach nicht mehr beide Ehegatten die tatsächliche Sachherrschaft an der Wohnung ausüben.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige und seine von ihm 1992 geschiedene Ehefrau waren je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks. 1981 errichtete der Steuerpflichtige dort auf eigene Kosten ein Gebäude, das er fortan zu ⅓ betrieblich und im Übrigen teils zu eigenen Wohnzwecken, teils durch Fremdvermietung nutzte. Für die eigengenutzte Wohnung wählten die Eheleute die Nutzungswertbesteuerung auch für die Jahre nach 1986.
In den Bilanzen bis 31.12.1989 aktivierte der Steuerpflichtige nicht nur die in seinem zivilrechtlichen Eigentum stehende Hälfte des betrieblich genutzten Gebäudeteils, sondern auch den auf seine Ehefrau entfallenden Anteil, wobei er für beide Hälften Sonderabschreibungen nach dem ZRFG in Anspruch nahm. Zum 31.12.1990 buchte er den für den Hälfteanteil seiner Ehefrau gebildeten Aktivposten erfolgsneutral aus und begründete dies damit, dass nach der neueren Rechtsprechung des BFH bei Ehegattengrundstücken keine Nutzungsrechte zu bilanzieren seien.
Im Hinblick auf die bevorstehende Scheidung trafen die im gesetzlichen Güterstand lebenden Eheleute 1991 eine umfassende Regelung über die Vermögensauseinandersetzung und den Zugewinnausgleich. Darauf übertrug die Ehefrau ihren Miteigentumsanteil an dem gesamten Grundstück auf den Ehemann. Dieser ging von Anschaffungskosten in Höhe von 300000 DM aus, von denen er 80000 DM dem betrieblich genutzten Gebäudeanteil der Ehefrau zuordnete und entsprechende Abschreibungen vornahm.
Das Finanzamt meinte, der Steuerpflichtige habe durch Erstellung des Gebäudes auf eigene Kosten entgeltlich ein Nutzungsrecht an der Gebäudehälfte der Ehefrau erworben. Dieses Nutzungsrecht sei durch die Vermögensauseinandersetzung entfallen. Der Wegfall habe einen Wertausgleichsanspruch des Steuerpflichtigen gegen seine Ehefrau gemäß den §§ 951, 812 BGB von 80000 DM ausgelöst, auf dessen Geltendmachung er verzichtet und den er mithin – unter Aufdeckung der stillen Reserven – entnommen habe. Die Voraussetzungen für eine weitere Anwendung der Nutzungswertbesteuerung hätten nach dem Auszug der Ehefrau aus der gemeinsam genutzten Wohnung nicht mehr vorgelegen.
Das FG gab der Klage nur insoweit statt, als mit ihr die Fortführung der Nutzungswertbesteuerung begehrt wurde. Sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt legten Revision ein. Beide Revisionen waren erfolgreich.
Entscheidung
Die tatsächlichen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Würdigung, der Steuerpflichtige habe die für den Miteigentumsanteil der Ehefrau am betrieblich genutzten Gebäudeteil gebildete Bilanzposition gewinnrealisierend entnommen. Eine Nutzungsänderung in Bezug auf den betrieblichen Teil des Gebäudes, die als Begründung einer Entnahme dienen könnte, hat nicht stattgefunden. Die Annahme des FG, der Steuerpflichtige habe im Rahmen der Scheidungsvereinbarung zugunsten der Ehefrau zunächst auf das wirtschaftliche Eigentum an der Gebäudehälfte verzichtet und dann dieselbe Position – ergänzt um das hier lediglich eine formale Hülse darstellende zivilrechtliche Eigentum – entgeltlich zurückerworben, erscheint nicht realitätsnah. Der Steuerpflichtige hatte keine erkennbare Veranlassung, der Ehefrau im Stadium der Trennung etwas unentgeltlich zuzuwenden.
Geht man mit dem VIII. Senat des BFH davon aus, dass bei Bauten auf fremdem Grund und Boden auch zwischen Ehegatten ein Wertersatzanspruch nach den §§ 951, 812 BGB besteht, der als Grundlage für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums dient, hätte der Steuerpflichtige für den Hinzuerwerb des zivilrechtlichen Volleigentums keine Gegenleistung geschuldet. Danach spricht auch nichts für eine Entnahme. Vielmehr hat der Steuerpflichtige die bereits gebildete Bilanzposition fortzuführen; die Abschreibungsbemessungsgrundlage bleibt unverändert.
Geht man hingegen mit dem BGH davon aus, dass bei Ehegatten, die – wie hier – in Zugewinngemeinschaft leben, bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche durch die Regelungen über den güterrechtlichen Ausgleich verdrängt werden, so fehlt es von vorneherein an einem realisierbaren Wertersatzanspruch des Steuerpflichtigen gegen seine Ehefrau. Damit entfiele auch die Grundlage für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums des Steuerpfl...