Leitsatz

  1. Ein Grundstück, das die Gesellschafter einer Personengesellschaft an einen Dritten vermieten, damit dieser es der Gesellschaft im Rahmen eines Pachtvertrags zur Nutzung überlässt, kann auch dann Sonderbetriebsvermögen II darstellen, wenn der Mietvertrag langfristig, der Pachtvertrag jedoch (nur) auf unbestimmte Dauer abgeschlossen ist.
  2. Das beim BVerfG unter dem Aktenzeichen 1BvL2/04 anhängige Normenkontrollverfahren zur Verfassungsmäßigkeit der Gewerbeertragsteuer (Vorlagebeschluss des FG Niedersachsen vom 21.4.2004, 4 K 317/91, EFG 2004, S.1065) hat nicht zur Folge, dass alle finanzgerichtlichen Verfahren zur Gewerbesteuer gemäß §74 FGO auszusetzen sind.
 

Sachverhalt

Eine OHG betreibt eine Tankstelle auf einem Grundstück, das ihre Gesellschafter erworben hatten, um dort ein Autohaus oder eine Tankstelle zu führen. Sie überließen das Grundstück einer AG, die dort die Tankstelle errichtete. Der 1992 geschlossene Vertrag lief bis zum 31.12.2002. Der AG stand das Recht zu, danach dreimal eine Verlängerung zu den bisherigen Bedingungen um jeweils sechs Jahre zu verlangen. Anschließend sollte sich der Vertrag stillschweigend um weitere drei Jahre verlängern, sofern er nicht von einem Vertragspartner gekündigt wurde. Zur Absicherung der Investition räumte die Vermieterin der AG eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Tankstellenrecht) und ein dingliches Vorkaufsrecht an dem Grundstück ein. Die AG verpachtete die Tankstelle nach Fertigstellung an die OHG. Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Pachtvertrag ist mit einer Frist von maximal einem Jahr für beide Seiten kündbar. Für das Streitjahr 1994 erklärte die OHG einen Gewinn aus Gewerbebetrieb, der die von der AG erzielten Mieteinnahmen von 66000DM enthielt. Das Finanzamt erließ einen entsprechenden Gewerbesteuermessbescheid. Mit dagegen eingelegtem Einspruch begehrte die OHG einen um die Mieteinnahmen reduzierten Gewinnansatz, weil das Grundstück fälschlich als Betriebsgrundstück aktiviert und nicht als Privatvermögen der Gesellschafter behandelt worden sei. Einspruch und Klage hatte keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision.

 

Entscheidung

Die Zuordnung des Grundstücks zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter der OHG ist nach Auffassung des BFH nicht zu beanstanden. Denn ein Grundstück, das der Gesellschafter einer Personengesellschaft an einen Dritten vermietet, der es seinerseits an die Gesellschaft untervermietet, gehört zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II des Gesellschafters[1]. Dass das Grundstück mit einer Dienstbarkeit belastet ist, bewirkt in der Regel keinen endgültigen Rechts- bzw. Eigentumsverlust im Vermögensbereich, wenn der Eigentümer seine Herrschaftsgewalt wirtschaftlich nicht endgültig in vollem Umfang verliert und eine Rückübertragung dieser Herrschaftsgewalt – wie hier – praktisch möglich ist[2]. Dies gilt hier unabhängig davon, dass der Pachtvertrag zwischen der AG und der OHG – anders als der Mietvertrag mit der AG – auf unbestimmte Zeit geschlossen und für beide Vertragsparteien mit einer Frist von maximal einem Jahr kündbar war. Denn übereinstimmende Mietzeiten sind nach Ansicht des BFH dann nicht notwendige Voraussetzung für die Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen, wenn die Gesellschafter durch Eingehung des Mietverhältnisses mit dem Dritten "ihrer" Gesellschaft erst zu den für ihren Geschäftsbetrieb erforderlichen Baulichkeiten und Anlagen verholfen haben, zwischen den Vertragsparteien von vornherein Einigkeit über die Wechselseitigkeit von Grundstücksvermietung und Tankstellenverpachtung bestand und die OHG die Anlage seit mehr als zehn Jahren tatsächlich genutzt hat.

 

Praxishinweis

Der IV. Senat geht im Streitfall auch von der Verfassungsmäßigkeit der Gewerbeertragsteuer aus[3]. Im Übrigen hat er eine Aussetzung nach §74 FGO wegen des beim BVerfG anhängigen Normenkontrollverfahrens zur Verfassungsmäßigkeit der Gewerbeertragsteuer abgelehnt, weil selbst bei Bejahen einer Verfassungswidrigkeit durch das BVerfG allenfalls mit einer Unvereinbarkeitserklärung und einer Änderungsverpflichtung des Gesetzgebers für die Zukunft zu rechnen und damit keine Auswirkung auf das Streitverfahren gegeben sei.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 24.2.2005, IV R 23/03

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