Leitsatz
- Die Frage, ob Aufwendungen für ein Studium in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen stehen, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung.
- Dabei hat der Tatrichter die Bekundungen der Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung einerseits der Beweisschwierigkeiten und andererseits der wirtschaftlichen Gegebenheiten zu würdigen.
Sachverhalt
Eine 1949 geborenen und seit 1995 arbeitslose medizinisch-technische Assistentin, die mit ihrem Ehemann im Streitjahr 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde, belegte zunächst als Gasthörerin Vorlesungen in Kunstgeschichte. Nachdem sie im Januar und Februar 1999 Einstufungsprüfungen im Magisterstudiengang Kunstgeschichte (Hauptfach) und orientalische Kunstgeschichte (Nebenfach) bestanden, sowie im Hauptfach zwei und im Nebenfach ein Semester anerkannt bekommen hatte, nahm sie das Studium in diesen Fächern ab Sommersemester 1999 als ordentliche Studentin auf.
Die für das Studium geltend gemachten Fahrtkosten (3150 DM) erkannte das Finanzamt bis zum Höchstbetrag von 1800 DM gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben an. Dagegen lehnte das Finanzamt es ab, die zuletzt geltend gemachten gesamten Studienaufwendungen (Fahrtkosten 3150 DM, Sozialbeitrag 187 DM, Literatur 200 DM) statt dessen als Werbungskosten zu berücksichtigen. Mit der hiergegen erhobenen Klage trug die Steuerpflichtige vor, nachdem eine Vielzahl von Bewerbungen erfolglos geblieben sei, habe sie das Studium aufgenommen, um anschließend im Bereich der Museenverwaltung eine qualifizierte Beschäftigung zu erhalten. Im Oktober 2003 teilte sie noch mit, sie habe das Studium mittlerweile abgeschlossen, aber noch keine Berufstätigkeit aufgenommen, weil sie derzeit promoviere, was noch ca. zwei Jahre in Anspruch nehmen werde. Das FG wies die Klage ab. Auch die hiergegen eingelegte Revision blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das FG hatte bereits die geänderte BFH-Rechtsprechung berücksichtigt, nach der auch die Kosten eines erstmaligen Studiums Erwerbsaufwendungen sein können, wenn ein hinreichend konkreter, objektiv feststellbarer Zusammenhang mit künftigen steuerbaren Einnahmen besteht. Ob letzteres der Fall ist, der Steuerpflichtige also mit seinem Studium eine Erwerbsquelle schaffen will, hat das FG anhand aller Umstände des Falls zu würdigen, wobei zwar den Steuerpflichtigen die Feststellungslast trifft, aber umgekehrt seine Beweisschwierigkeiten verständig zu berücksichtigen sind. Die Tatsachenwürdigung des FG bindet den BFH, wenn sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen ist und nicht auf Denkfehlern oder der Verletzung von Erfahrungssätzen beruht. So war es auch hier. Es war nicht zu beanstanden, dass das FG die angestrebte "Tätigkeit in einem Museum" als zu wenig konkret angesehen, die Verwendungsaussichten nach der Promotion angesichts des Alters und der fehlenden einschlägigen Berufserfahrung für gering gehalten, vom Studienfach Kunstgeschichte auf mögliche private Interessen und Neigungen geschlossen und der Versorgung der Klägerin durch ihren Mann Bedeutung beigemessen hat.
Praxishinweis
Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung – rückwirkend ab 2004 – über § 12 Nr. 5 EStG insoweit korrigiert, als er Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium grundsätzlich nicht mehr als Werbungskosten oder Betriebsausgaben berücksichtigt. Andererseits wurde der Sonderausgabenabzug bei Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG auf bis zu 4000 EUR erhöht. Dies würde in Fällen wie dem vorliegenden aber nichts nützen, weil die Aufwendungen nicht einer Berufsausbildung und damit künftigen Berufseinnahmen, sondern einem Hobby dienen. Wird dagegen eine Erwerbsquelle angestrebt, kommt der Abzugsausschluss in § 12 Nr. 5 EStG zum Tragen, wenn sich Sonderausgaben mangels zu verrechnender Einnahmen nicht auswirken können oder wenn die Aufwendungen im Kalenderjahr 4000 EUR übersteigen, was einstweilen nicht häufig vorkommen wird, sich aber bei Einführung von Studiengebühren schnell ändern kann. In den verbleibenden Fällen kann das Ergebnis von Zufälligkeiten abhängen, etwa ob die bisherige Ausbildung mit einem Fachhochschulabschluss verbunden war. Dann wäre ein weiteres – gegebenenfalls auch ein nicht artverwandtes – Studium ein Zweitstudium, dessen Aufwendungen abziehbar blieben.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 26.1.2005, VI R 71/03