Leitsatz

  1. Leistungen eines Rechenzentrums (Rechenzentrale) an Banken können nur dann als "Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrentverkehr sowie im Zahlungs- und Überweisungsverkehr" nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfrei sein, wenn diese Leistungen ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der in dieser Vorschrift genannten Umsätze erfüllt.
  2. Das Betreiben eines automatisierten Überweisungssystems, das die Prüfung und Freigabe einzelner Überweisungsaufträge ermöglicht und die Kundenweisung dadurch umsetzt, dass der Überweisungsbetrag vom Konto des Bankkunden abgebucht und der Bank des Begünstigten gutgeschrieben wird, kann als Leistung im Überweisungsverkehr steuerfrei sein. Dass das Rechenzentrum hierbei aufgrund der inhaltlichen Vorgaben der Bank für die Ausführung der Kundenweisung keine dispositiven Entscheidungen zu treffen hat, ist unerheblich.
  3. Aus dem Leistungsverzeichnis eines Rahmenvertrags mit 2623 Einzelpositionen, für die eine jeweils eigenständige Vergütungsregelung besteht, können nicht 145 Einzeltätigkeiten zu nach § 4 Nr. 8 Buchst. d UStG steuerfreien Leistungen zusammengefasst werden.
 

Konsequenzen für die Praxis

Die Entscheidung gehört zur Reihe der Entscheidungen zu der Thematik, ob oder inwieweit Rechenzentren für an sie "outgesourcte" Bankenleistungen die Steuerbefreiung für Finanzdienstleistungen erhalten können, so wie sie sich bei der Bank – wäre sie insoweit selbst tätig – auf diesen Bereich als Gemeinkosten für die steuerfreien Bankleistungen auswirken würden. Grundlage dieser Streitigkeiten ist das EuGH-Urteil v. 5.6.1997[1].

Leistungen eines Rechenzentrums an Banken können steuerfrei sein, aber nur, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sind, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen der steuerfreien Finanzdienstleistung erfüllt. Auf die Kausalität kommt es nicht an, d.h. eine Leistung, bei der es sich um ein bloßes (wenn auch ggf. unerlässliches) Element einer Finanzdienstleistung handelt, ist nicht steuerfrei.

Es geht stets um die Frage, ob die outgesourcten Leistungen zu rechtlichen und finanziellen Änderungen z.B. im Überweisungsverkehr führen. Zwar kann danach das Betreiben eines automatisierten Überweisungssystems als Leistung im Überweisungsverkehr steuerfrei sein, aber nicht, wenn es sich um sog. "materielle oder technische Leistungen" wie z.B. die Übertragung von Angaben auf den von Banken übermittelten körperlichen Belegen für die EDV-mäßige Bearbeitung handelt.

Angesichts des Mustervertrags mit 2623 Einzelpositionen im Streitfall und den Ableitungen der Revision daraus erinnert man sich an den Prolog in Goethes Faust: "Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen". Gleichwohl, manchmal bringt's nichts.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 12.6.2008, V R 32/06, BFH/NV 2008 S. 1786

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