Leitsatz

  1. Veräußert eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform der GbR einen Pkw, dessen Erwerb sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt und den sie ihrem Unternehmen zugeordnet hatte, so ist diese Veräußerung – anders als eine Entnahme – steuerbar, auch wenn die GbR ausdrücklich erklärt, diesen Umsatz nicht versteuern zu wollen (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 31.1.2002, V R 61/96, BStBl II 2003, S. 813 = INF 2002, S. 383).
  2. Die Veräußerung des Pkw unterliegt nicht der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG, sondern ist nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu besteuern.
 

Sachverhalt

Eine Steuerberatersozietät erwarb 1995 von einem die Differenzbesteuerung anwendenden Händler einen gebrauchten Pkw für 43 880 DM. Von 1995 bis 1998 überließ sie den Pkw teilweise einem ihrer Gesellschafter unentgeltlich zur Privatnutzung und versteuerte diese Verwendung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG. Im Streitjahr 1998 gab die GbR den Pkw beim Erwerb eines anderen Fahrzeugs für 23 500 DM in Zahlung. Sie vermerkte in ihrer Umsatzsteuererklärung unter Hinweis auf eine Vorlage an den EuGH[1], dass der Umsatz nicht der Besteuerung unterworfen werde. Das Finanzamt behandelte den Verkauf des Pkw als steuerbar und steuerpflichtig.

Das FG gab der Klage statt. Es ging davon aus, die GbR habe den Pkw vor der Veräußerung entnommen, so dass eine Besteuerung ausscheide. Indem der Erwerber des Pkw mit Einverständnis der GbR in der Gutschrift keine Umsatzsteuer ausgewiesen und die GbR in ihrer Umsatzsteuererklärung den bezeichneten Vermerk angebracht habe, habe sie klar zum Ausdruck gebracht, dass sie den Pkw nicht habe steuerpflichtig veräußern wollen. Deshalb liege entsprechend den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 31.1.2002[2] eine Entnahme vor der Veräußerung vor. Das Finanzamt ging in Revision.

 

Entscheidung

Die Veräußerung des Pkw ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbar. Die GbR hatte den Pkw ursprünglich in vollem Umfang ihrem Unternehmen zugeordnet und dessen Privatnutzung durch einen Gesellschafter als Eigenverbrauch versteuert. Anders als im Fall eines Einzelunternehmers[3] konnte die vom FG angenommene Entnahme des Pkw aus dem Unternehmen nicht bestätigt werden. Eine Entnahme hätte sich z.B. durch Schenkung an ihren Gesellschafter ergeben. Dies war nicht erkennbar. Vielmehr hat die GbR selbst den Pkw an einen Dritten veräußert.

Die Lieferung des Pkw unterliegt nicht der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG. Denn die GbR ist nicht Wiederverkäufer im Sinne dieser Vorschrift oder im Sinne des EuGH-Urteils vom 8.12.2005[4]. Der Wiederverkauf von Pkw gehört nicht zum normalen Tätigkeitsfeld einer Steuerberatungsgesellschaft.

 

Praxishinweis

Es handelt sich noch um einen Fall aus der "Übergangszeit" vor dem Bakcsi-Urteil des EuGH[5]. Die unbefriedigende Regelung, dass Unternehmensgegenstände, die ohne das Recht auf Vorsteuerabzug erworben wurden, unbesteuert entnommen, aber nur besteuert veräußert werden können, hat der EuGH unter Hinweis auf den "Trick" entschärft, dass der Gegenstand vor der Veräußerung entnommen werden könne. Das verlangt aber objektive Anhaltspunkte für die vorherige Entnahme, die hier nicht gegeben waren. Ein Einzelunternehmer[6] tut sich dabei leichter, weil er auch bei einer Entnahme in sein Privatvermögen Eigentümer bleibt.

Das FG hat zwar zutreffend angenommen, auch eine Personengesellschaft könne einen nichtunternehmerischen Bereich haben. Das ist beim sog. Verwendungseigenverbrauch auch nicht problematisch. Dagegen verlangt die Entnahme aus dem Unternehmensvermögen bei einer Personengesellschaft regelmäßig eine (unentgeltliche) Lieferung an eine andere Person, z.B. an einen Gesellschafter. Dieser ist dann für die Veräußerung zuständig.

Zur Differenzbesteuerung nach § 25 UStG ist von Interesse, dass nicht jeder Unternehmer beim Verkauf von Anlagegegenständen, die er zuvor gebraucht erworben hatte, zum Wiederverkäufer wird. Die "Begriffserweiterung" verlangt, dass das Unternehmen – wie z.B. ein Leasingunternehmen – im Rahmen seiner "normalen Tätigkeit" Fahrzeuge wiederverkauft, die es für seine Leasingtätigkeit als Gebrauchtwagen erworben hatte, und dass der Wiederverkauf im Augenblick der Anschaffung des Gebrauchsgegenstands nicht das Hauptziel, sondern nur ein zweitrangiges und dem der Vermietung untergeordnetes Ziel darstellt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 2.3.2006, V R 35/04

[3] Vgl. ebenda
[5] Vgl. EuGH-Urteil vom 8.3.2001, C-415/98 (Bakcsi), BFH/NV Beilage 2001, S. 52
[6] Vgl. EuGH-Urteil vom 8.3.2001, a.a.O. (Fn. 5); BFH-Urteil vom 31.1.2002, a.a.O. (Fn. 2)

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