Leitsatz
- Das Einstellen und Betreuen von Pferden durch einen gemeinnützigen Verein ist nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG 1991/1993 ermäßigt zu besteuern, wenn die Umsätze im Rahmen eines Zweckbetriebs nach § 65 Abs. 1 AO erbracht werden und nicht umsatzsteuerfrei sind.
- Der Steuerpflichtige kann sich vor dem FG unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG berufen.
Sachverhalt
Ein gemeinnütziger Verein betrieb neben seinen fachlichen und berufsständischen Aufgaben im Bereich des Pferdesports in den Streitjahren 1992 bis 1997 eine Pensionspferdehaltung. Bei dieser bot er einschließlich der zur Verfügung stehenden Reitanlagen Einstellung, Fütterung und Pflege der Tiere für 480 bis 550 DM monatlich an. Mit Beritt erhöhte sich der Preis auf 680 bis 930 DM pro Monat. Der Verein unterwarf sämtliche Umsätze aus der Pensionspferdehaltung nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG dem ermäßigten Steuersatz. Das Finanzamt folgte dem nur, soweit der Verein auch den Beritt und die tägliche Pflege der Pferde übernommen hatte. Im Übrigen wandte es den Regelsatz an. Die Klage war erfolglos, weil auch das FG eine einheitliche, den Rahmen des § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG überschreitende Leistung annahm.
Entscheidung
Die Revision führte zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
- Dass derartige Leistungen kein "Halten von Vieh" zum ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG sind, hat der Senat bereits entschieden.
- Ob der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG für Leistungen von Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, eingreift, muss das FG im 2. Rechtsgang prüfen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob der Verein die Umsätze im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt hat. Allerdings ist bereits zweifelhaft, ob die zweite Voraussetzung nach § 65 Nr. 2 AO für einen Zweckbetrieb gegeben ist, nämlich dass die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können. Es fehlen bisher Feststellungen dazu, ob der Verein seine satzungsgemäßen Zwecke – sportfachliche und berufsständische Aufgaben des Pferdesports – nur durch Unterhaltung eines Pensionsbetriebs erfüllen konnte. Dabei wird der Satzung des Vereins eine entscheidende Bedeutung beizumessen sein. Gegebenenfalls ist noch zu prüfen, ob der Verein mit seinem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Es kommt insoweit auf den Einzugsbereich des Klägers an.
- Unter diesen Umständen kommt auch eine Steuerbefreiung der Umsätze aufgrund unmittelbarer Anwendung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. RL in Betracht. Die Vorschrift betrifft bestimmte, in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleistungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben. Soweit Abs. 2 der Bestimmung die Mitgliedstaaten ermächtigt, die Gewährung der unter Abs. 1 vorgesehenen Befreiungen "von Fall zu Fall von der Erfüllung einer oder mehrerer der folgenden Bedingungen abhängig zu machen", hindert dies die Anwendbarkeit der Befreiungsregelung nicht.
Ob Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der 6. RL wegen des Ausschlusstatbestands nach Abs. 2 Buchst. b anwendbar ist, ist noch zu ermitteln. Danach ist eine Steuerbefreiung ausgeschlossen, wenn die Leistungen zur Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind oder wenn sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden. Es gelten somit die Prüfungsgrundsätze zum Zweckbetrieb.
Praxishinweis
Bei Leistungen gemeinnütziger Einrichtungen an Sporttreibende kommt nicht nur die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG, sondern auch die erwähnte Befreiung nach der 6. RL in Betracht. Dagegen hatte sich die deutsche Finanzverwaltung bislang grundsätzlich gewandt. Mangels gegenteiliger bisheriger Regelung hat der Steuerpflichtige wohl ein Wahlrecht. Die Wahl des ermäßigten Steuersatz bei Berechtigung zum Vorsteuerabzug dürfte im Fall von Investitionen günstiger sein als die Befreiung ohne Vorsteuerabzugsrecht. Da die Richtlinienbestimmung ähnlich formulierte Voraussetzungen aufstellt wie das deutsche Gemeinnützigkeitsrecht in den §§ 51 bis 68 AO, liegt ein vergleichbarer Prüfungsmaßstab nahe.
Allerdings sollte dabei zunächst der Satzungszweck kritisch betrachtet werden. Die formalen Anforderungen an die Satzung nach den §§ 59, 60 AO sind nicht zu unterschätzen. So kann ein festgelegter Satzungszweck eines Vereins, der sich in erster Linie mit berufsständischen Aufgaben beschäftigt, nicht auf zusätzliche geschäftliche Betreuungsleistungen für Mitglieder ausgedehnt werden...