Leitsatz

Durch die Verpflichtung zur lastenfreien Veräußerung von Grundbesitz veranlasste Vorfälligkeitsentschädigungen sind auch dann – als Veräußerungskosten – dem Vorgang der Veräußerung zuzurechnen, wenn der hierbei erzielte Veräußerungsgewinn nicht steuerbar ist. Die Vorfälligkeitsentschädigungen können deshalb auch nicht als Werbungskosten im Zusammenhang mit den aus dem Veräußerungserlös finanzierten (neuen) Einkunftsquellen (hier: Kapitalanlagen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) berücksichtigt werden.

 

Sachverhalt

K veräußerte zum 30.9.1997 drei bis dahin vermietete Wohnobjekte und erzielte dabei Veräußerungserlöse von ca. 4,2 Mio. DM. Sämtliche Grundstücke waren mit Grundschulden belastet, die von den Erwerbern nicht übernommen wurden. Die zugrunde liegenden Darlehen tilgte K mit Ausnahme eines Darlehens vorzeitig, sodass er mit Vorfälligkeitsentschädigungen von ca. 208000 DM belastet wurde. Die danach verbleibenden Veräußerungserlöse von ca. 1,8 Mio. DM legte K verzinslich an. K machte neben den ab 30.9.1997 angefallenen Zinsen für das nicht getilgte Darlehen auch die Vorfälligkeitsentschädigungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte nur hinsichtlich der Schuldzinsen Erfolg. Hinsichtlich der Vorfälligkeitsentschädigungen wies das FG die Klage ab, da die Vorfälligkeitsentschädigungen keine Finanzierungskosten der Kapitalanlagen seien, sondern allein in Zusammenhang mit den Darlehenstilgungen stünden.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht als Werbungskosten berücksichtigt. Vorfälligkeitsentschädigungen unterfallen dem ertragsteuerlichen Schuldzinsenbegriff. Sie sind daher nur dann als Werbungskosten anzuerkennen, wenn sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, d.h. durch die Erzielung steuerbarer Einnahmen veranlasst sind. Das Vorliegen eines solchen Veranlassungszusammenhangs ist danach zu beurteilen, ob das auslösende Moment der einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre zuzurechnen ist. Für Kreditschulden sowie für hierauf entfallende Zinsen hat der BFH entschieden, dass diese nur nach Maßgabe der tatsächlichen Verwendung der Darlehensvaluta den einzelnen Einkunftsarten des EStG zugeordnet werden können[1]. Diese Grundsätze gelten auch für Vorfälligkeitsentschädigungen. Wird lediglich der zur Finanzierung eines vermieteten Grundstücks aufgenommene Kredit vorzeitig mittels eines zinsgünstigeren Umschuldungsdarlehens getilgt, das Grundstück jedoch wie zuvor als Erwerbsgrundlage genutzt, ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten abzugsfähig[2]. Fällt die Vorfälligkeitsentschädigung aber im Zusammenhang mit der Veräußerung des bisher vermieteten Grundbesitzes an, ist sie nicht den bis zur Veräußerung erzielten laufenden Einkünften, sondern dem Veräußerungsvorgang zuzurechnen[3]. Ist der Veräußerungsvorgang der nicht steuerbaren Vermögenssphäre zuzurechnen, sind auch Vorfälligkeitsentschädigungen Kosten der nicht steuerbaren Vermögensumschichtung und deshalb vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen.

 

Praxishinweis

Der VIII. Senat bleibt stringent auf der Linie, dass Vorfälligkeitsentschädigungen, die durch die Veräußerung eines Grundstücks veranlasst sind, ebenso wie andere Veräußerungskosten mit dem nicht steuerbaren Vermögensbereich im Zusammenhang stehen und daher nicht als Werbungskosten abzugsfähig sind. Allerdings ist eine mögliche Differenz zum IX. Senat des BFH nicht ganz auszuschließen. Dieser hat entschieden, Vorfälligkeitsentschädigungen könnten – auch bei Veranlassung durch eine Grundstücksveräußerung – zu den Finanzierungskosten eines neuen Objekts gehören, wenn und soweit der nach der Darlehenstilgung verbleibende Restkaufpreis zur Finanzierung dieses Objekts tatsächlich verwendet worden ist[4]. Diese Auffassung war für die Entscheidung jedoch nicht tragend, weil die genannten Verwendungsvoraussetzungen nicht vorlagen. Die Erwägungen des IX. Senats konnten den VIII. Senat daher nicht binden. Da der IX. Senat auf entsprechende Anfrage zudem mitgeteilt hat, er stimme dieser (verfahrensrechtlichen) Beurteilung zu, konnte der VIII. Senat entscheiden, ohne die Sache dem Großen Senat des BFH vorlegen zu müssen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 6.12.2005, VIII R 34/04

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