Verkauf an einen Dritten

Der Vorkaufsberechtigte[1] darf sein Recht nur ausüben, wenn das belastete Grundstück an einen Dritten verkauft wird (§§ 1097, 1098 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 463 BGB). Mit Abschluss des formgültigen Kaufvertrags zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten tritt der sog. Vorkaufsfall ein.

Was bedeutet "Verkauf"?

Es muss sich grundsätzlich um einen Kauf im Sinne des Kaufrechts des BGB handeln. Gleichgestellt ist der freihändige Verkauf seitens des Insolvenzverwalters (§ 1098 Abs. 1 Satz 2 BGB) und die Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Gemeinschaft (Teilungsversteigerung).[2]

 
Praxis-Beispiel

"Nichtkäufe" sind nicht ausreichend

Hierzu zählen beispielsweise:

  • Tausch[3],
  • Schenkung[4],
  • Veräußerung an Miterben (bei Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft)[5],
  • Erbteilskauf[6],
  • Einbringung in eine Gesellschaft[7],
  • der Verkauf an einen gesetzlichen Erben mit Rücksicht auf dessen künftiges Erbrecht (§ 470 BGB)[8],
  • die Zwangsversteigerung auf Betreiben des Insolvenzverwalters (§ 165 InsO; anders der freihändige Verkauf seitens, s. o.).
 
Hinweis

Keine gemischte Schenkung

Ein vom Vorkaufsrecht erfasster Vertrag liegt jedoch dann vor, wenn der Kaufpreis lediglich 64 % des Verkehrswerts beträgt, ein dem Verkäufer verbleibendes unentgeltliches Wohnrecht die Differenz aber kompensiert.[9]

Kaufähnliche Gestaltung

Allerdings eröffnet § 463 BGB nicht nur dann die Ausübung des Vorkaufsrechts, wenn der Verpflichtete mit einem Dritten formell einen Kaufvertrag über den mit dem Vorkaufsrecht belasteten Gegenstand geschlossen hat. Vielmehr gebietet eine interessengerechte Auslegung der Norm, sie auch auf solche Vertragsgestaltungen zwischen dem Verpflichteten und dem Dritten anzuwenden, die bei materieller Betrachtung einem Kauf im Sinne des Vorkaufsrechts so nahe kommen, dass sie ihm gleichgestellt werden können, und in die der Vorkaufsberechtigte zur Wahrung seines Erwerbs- und Abwehrinteresses "eintreten" kann, ohne die vom Verpflichteten ausgehandelten Konditionen zu beeinträchtigen.[10]

[1] Der Vorkaufsberechtigte wird von dem Zeitpunkt an, in dem er sein Recht ausgeübt hat, auch "Vorkäufer" genannt.
[2] BGH, Urteil v. 28 4.1967, V ZR 163/65, NJW 1967 S. 1607; OLG Köln, Beschluss v. 6.3.2015, 2 Wx 387/14, FGPrax 2015 S. 116.
[3] BGH, Urteil v. 11.12.1963, V ZR 41/62, NJW 1964 S. 540; auch sog. Ringtausch, BGH, Urteil v. 27.10.1967, V ZR 157/64, NJW 1968 S. 104; vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.5.2010, 3 Wx 90/10, NJW-RR 2011 S. 307.
[4] OLG Brandenburg, Urteil v. 15.12.2016, 5 U 44/14, BeckRS 2016, 110504; auch "gemischte Schenkungen", die Elemente des Kaufs und der Schenkung enthalten, vgl. BGH, Urteil v. 15.6.1957, V ZR 198/55, WM 1957 S. 1162.
[5] BGH, Urteil v. 14.11.1969, V ZR 115/66, DNotZ 1970 S. 423.
[6] LG München II, Urteil v. 9.10.1985, 4 0 3770/85, MittBayNot 1986 S. 179; Westermann, in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 1097 Rn. 3.
[7] OLG Nürnberg, Urteil v. 26.3.1969, 4 U 146/68, DNotZ 1970 S. 39; s. aber OLG Nürnberg, Urteil v. 27.9.1990, 2 U 950/90, NJW-RR 1992 S. 461: Umgehungsgeschäft!
[8] OLG Düsseldorf, Beschluss v. 5.12.2018, 3 Wx 139/18, ZfIR 2019 S. 155; OLG Stuttgart, Beschluss v. 8.4.1997, 8 W 681/96, DNotZ 1998 S. 305.
[10] BGH, Urteil v. 27.1.2012, V ZR 272/10, NJW 2012 S. 1354 (Vereitelung des Vorkaufsrechts durch Einbringen der Sache in eine Gesellschaft); vgl. auch OLG Hamm, Urteil v. 11.6.2012, 22 U 25/12. NJW-RR 2012 S. 1484.

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