Zusammenfassung
Aufgrund eines dinglichen Vorkaufsrechts kann sein Inhaber das belastete Grundstück zu denselben Bedingungen erwerben, zu denen es zuvor der Verpflichtete, also der Grundstückseigentümer, an einen Dritten verkauft hat. Hierfür muss er sein Vorkaufsrecht geltend machen. Wirtschaftlich geht es häufig darum, im Falle der Verkaufsabsicht des gegenwärtigen Eigentümers die Mieter oder Pächter des Grundstücks abzusichern oder Nachbarn die Möglichkeit des Erwerbs einzuräumen. Daneben sind auch gesetzliche Vorkaufsrechte (etwa der Gemeinden) zu beachten, die vielfach nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind.
Das dingliche Vorkaufsrecht ist in den §§ 1094 – 1104 BGB geregelt. Dabei wird auch auf die Vorschriften zum schuldrechtlichen Vorkaufsrecht verwiesen, das in den §§ 463 – 473 BGB normiert ist.
1 Was ist ein dingliches Vorkaufsrecht?
1.1 Inhalt und Bedeutung
"Vorfahrt" bei Grundstücksverkauf
Nach § 1094 Abs. 1 BGB kann ein Grundstück "in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, dem Eigentümer gegenüber zum Vorkauf berechtigt ist".
Es handelt sich dabei um ein dingliches Recht, d. h. es wirkt grundsätzlich gegenüber jedermann. Daher besteht die Berechtigung zum Vorkauf immer gegenüber dem Eigentümer des belasteten Grundstücks. Es ist unerheblich, ob dieser an der Bestellung des Vorkaufsrechts überhaupt beteiligt war.
Ausübung
Will der Vorkaufsberechtigte von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, muss er das Vorkaufsrecht durch entsprechende Erklärung gegenüber dem Verpflichteten ausüben. Es kommt dann automatisch zwischen ihm und dem Verpflichteten ein Kaufvertrag zustande, dessen Inhalt und Rechtsfolgen den vorherigen Vereinbarungen mit dem Drittkäufer entsprechen.
Abgrenzung zur Option
Darin unterscheidet sich das Vorkaufsrecht vom Optionsvertrag, bei dem das Recht unabhängig vom Verkauf an einen Dritten ausgeübt werden kann.
Inhalt
Der Inhalt des dinglichen Vorkaufsrechts ergibt sich vornehmlich aus den BGB-Vorschriften, die das schuldrechtliche Vorkaufsrecht regeln und auf die in § 1098 Abs. 1 BGB verwiesen wird. Dieses persönliche, d. h. nur zwischen den Vertragsparteien wirkende Vorkaufsrecht ist in §§ 463 – 473 BGB normiert.
2 Arten
Das Gesetz kennt 2 Arten des dinglichen Vorkaufsrechts: das "subjektiv-persönliche" Vorkaufsrecht (§ 1094 Abs. 1 BGB), bei dem Berechtigter eine bestimmte Person ist, und das "subjektiv-dingliche" Vorkaufsrecht (§ 1094 Abs. 2 BGB), bei dem das Recht dem jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks zusteht.
Sinn und Zweck
Oft geht es darum, die Rechtsstellung langfristiger Mieter, Pächter oder Nießbraucher zu verbessern. Auch Nachbarn oder Miteigentümer können mithilfe des Vorkaufsrechts wesentlichen Einfluss auf die Gestaltung des betreffenden Grundstücks nehmen und die unliebsame Nutzung durch hinzukommende Dritte verhindern ("Ausschluss"-Vorkaufsrecht).
Vorkaufsrecht kann beim Verkauf hinderlich sein
Die Gewährung eines Vorkaufsrechts sollte allerdings gut überlegt sein: Scheinbar kostet es nichts, doch beim Weiterverkauf stört es, da es den Grundstückswert mindern und die Suche nach einem geeigneten Käufer erschweren kann. Darum fehlt es auch nicht an Versuchen, das Vorkaufsrecht durch trickreiche Vertragsgestaltung zu umgehen. Auch die Belastung des Grundstücks mit Grundpfandrechten wird mitunter komplizierter: Banken bewerten das Vorkaufsrecht als Vorlast mit rund 3 % des Verkehrswerts.
Sonderfälle
Im Rechtsverkehr bedeutsam sind zahlreiche Sonderregelungen wie das Vorkaufsrecht der Miterben (§ 2034 BGB) oder der Mieter, ferner die zahlreichen außerhalb des BGB geregelten öffentlich-rechtlichen Vorkaufsrechte (z. B. der Gemeinden nach dem BauGB).
Mit § 99a WHG wurde ab 5.1.2018 ein Vorkaufsrecht für die Länder geschaffen, und zwar an Grundstücken, die für Maßnahmen des Hochwasser- oder Küstenschutzes benötigt werden. Dieses neue bundesrechtliche Vorkaufsrecht hat Vormerkungswirkung, wird nicht im Grundbuch eingetragen und hat keine grundbuchsperrende Wirkung.
Steuerrecht
Bei der steuerlichen Bedarfswertfeststellung ist ein Vorkaufsrecht grundsätzlich nur dann als wertmindernde Belastung berücksichtigungsfähig, wenn es zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks bestellt ist.