Leitsatz

1. Lässt sich der Regelungsgehalt eines Verlangens zur Vorlage von Unterlagen auch nicht durch Auslegung unter Berücksichtigung der dem Adressaten bekannten Umstände hinreichend klar ermitteln, ist das Verlangen rechtswidrig und nicht nach den §§ 328ff. AO vollstreckbar.

2. Ein Vorlageverlangen ist i.d.R. übermäßig und damit rechtswidrig, wenn es sich auf Unterlagen richtet, deren Existenz beim Steuerpflichtigen ihrer Art nach nicht erwartet werden kann.

3. Vorlageverweigerungsrechte aus § 104 Abs. 1 AO bestehen auch in der beim Berufsgeheimnisträger (Rechtsanwalt, Steuerberater usw.) selbst stattfindenden Außenprüfung, jedoch kann das Finanzamt grundsätzlich die Vorlage der zur Prüfung erforderlich erscheinenden Unterlagen in neutralisierter Form verlangen.

 

Sachverhalt

K, ein Rechtsanwalt, Steuerberater und Notar, ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Er lehnte es wegen seiner Verschwiegenheitspflicht ab, an einer ihn betreffenden Außenprüfung mitzuwirken und angeforderte Unterlagen vorzulegen, obwohl das Finanzamt ihn darauf hingewiesen hatte, mandantenbezogene Daten schwärzen zu können. Das Finanzamt setzte letztlich Zwangsgelder fest. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Die Revision hatte teilweise Erfolg. Die Vorlageverlangen waren teils wegen Unbestimmtheit, teils wegen Anforderung gesetzlich nicht vorgeschriebener Unterlagen rechtswidrig. Dagegen konnte K sich nicht auf Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte nach den §§ 103, 104 AO berufen, weil das Finanzamt nur neutralisierte mandantenbezogene Unterlagen verlangt hatte.

 

Hinweis

Das Urteil konkretisiert die Rechtslage zur Mitwirkungspflicht von Steuerberatern etc. bei eigenen Außenprüfungen:

  • Aus dem Verweigerungsrecht folgt nicht, dass der Berufsangehörige während der Außenprüfung keine Auskünfte geben und keine Unterlagen vorlegen muss. Er ist grundsätzlich zur Mitwirkung verpflichtet.
  • Keine Verweigerungsrechte bestehen für Unterlagen, die mit Mandanten nichts zu tun haben, etwa Belege zu anderen Einkünften des Berufsangehörigen, private Kontoauszüge und Eingangsrechnungen.
  • Dagegen besteht ein Verweigerungsrecht für Unterlagen, denen sich die Identität von Mandanten entnehmen lässt. Allerdings gilt dieses nicht für Mandanten, die auf die Geheimhaltung ihrer Identität verzichtet haben, oder deren Identität, z.B. durch Erstellung von Steuererklärungen, schon offenbart worden ist.

Wirkt ein Berufsangehöriger bei einer Außenprüfung nicht mit, kann das Finanzamt Zwangsmittel einsetzen. Derartige Verwaltungsakte können an verschiedenen Fehlern leiden:

  • Die Anforderung von Unterlagen ist nur ermessensgerecht, wenn deren Vorlage notwendig, verhältnismäßig, erfüllbar und zumutbar ist.
  • Kassenbücher etc. können grundsätzlich nicht verlangt werden, wenn der Berufsangehörige nicht buchführungspflichtig ist, es sei denn, das Finanzamt weiß, dass solche Unterlagen freiwillig geführt werden.
  • Das Vorlageverlangen muss hinreichend bestimmt sein.
 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 28.10.2009, VIII R 78/05.

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