Leitsatz
Ist die Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr der Anschaffung oder Herstellung eines gemischt genutzten Gegenstands bestandskräftig und hat der Unternehmer oder das Finanzamt ein i. S. des § 15 Abs. 4 UStG sachgerechtes Aufteilungsverfahren angewandt, ist dieser Maßstab, auch für die folgenden Jahre des Berichtigungszeitraums, bindend.
Sachverhalt
Im Urteilsfall vermietete die Steuerpflichtige bei ihrem Wohn- und Geschäftshaus nach Fertigstellung die Wohnflächen steuerfrei und die Büro- bzw. Gewerbefläche steuerpflichtig. Sie machte in der erstmaligen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für die Baujahre 1998 und 1999 den auf die steuerpflichtige Vermietung entfallenden anteiligen Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten mit 33,38 % entsprechend der Nutzflächen geltend. Aufgrund BFH-Rechtspechung beantragte sie in 2000 die günstigere Vorsteueraufteilung nach den Vermietungsumsätzen (Vorsteuer 40,92 %). Dies lehnte das Finanzamt ab, weil die erstmaligen Steuerfestsetzungen für 1998 und 1998 unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) aufgrund der Umsatzsteuererklärungen bestandskräftig seien und die Steuerpflichtige an den zuerst gewählten Aufteilungsmaßstab sei.
Der BFH hat sich der Verwaltungsauffassung angeschlossen. Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht dem Grunde und der Höhe nach endgültig im Jahr des Bezugs der Eingangsleistungen (Art. 17 Abs. 1 i. V. mit Art. 10 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie) entsprechend der Sofortentscheidung des Unternehmers über die beabsichtigtenVerwendungsumsätze. Dieser Anspruch auf Vorsteuerabzug nach Maßgabe der tatsächlichen oder der zutreffend angegebenen beabsichtigten Nutzung bei Leistungsbezug darf deshalb nicht aufgrund nachträglicher Ereignisse wieder rückgängig gemacht werden, auch nicht bei einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung. Dies gilt zugunsten wie zulasten des Unternehmers. Wurde daher für das Herstellungs- bzw. Anschaffungsjahr (Vorsteuer- bzw. Abzugsjahr) die Steuerfestsetzung unanfechtbar, ist ein der Festsetzung zugrunde liegendes sachgerechtes Aufteilungsverfahren für den Unternehmer bindend. Entsprechendes gilt, wenn das Finanzamt, abweichend von der Anmeldung, einen anderen sachgerechten Aufteilungsmaßstab zugrunde legt und die Steuerfestsetzung unanfechtbar wird. Der Aufteilungsmaßstab ist auch bindend für die Berichtigung der Vorsteuer. Im Urteilsfall ergibt sich daher keine Vorsteuerberichtigung.
Hinweis
Der BFH betont, dass die Vorsteueraufteilung nach den Ausgangsumsätzen als sachgerecht anzuerkennen ist. Obwohl das Urteil die Jahre 1998 und 1999 betrifft, ist davon auszugehen, dass der BFH die ab 1.1.2004 geltende Änderung des § 15 Abs. 4 UStG, wonach die Flächenaufteilung bei Herstellungsfällen maßgeblich ist, nicht für zulässig erachtet. Wählte ein Unternehmer bei Herstellung vor dem 1.1.2004 zulässig den Umsatzschlüssel, muss er ab 2004 aufgrund der Gesetzesänderung den Flächenschlüssel anwenden, was zu einer Vorsteuerberichtigung führen kann (BMF, Schreiben v. 24.11.2004, BStBl 2004 I S. 1125). Dies dürfte nach dem BFH-Urteil ebenfalls nicht zulässig sein.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 2.3.2006, V R 49/05.