Leitsätze (amtlich)

  1. Die Unterscheidung zwischen § 14 Abs. 2 UStG und § 14 Abs. 3 UStG hat insoweit keine Bedeutung mehr, als - nur die geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG abziehbar ist (BFH-Urteil vom 2.4.1998, V R 34/97, BStBl II 1998, S. 695) und - eine unrichtig oder zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer berichtigt werden kann, wenn der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger rückgängig gemacht worden ist (BFH-Urteil vom 22.3.2001, BFH/NV 2001, S. 1088).
  2. Hat der leistende Unternehmer in einer Endrechnung die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980/§ 14 Abs. 1 Satz 7 UStG 1991 abgesetzt, ist die zu hoch ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehbar.
 

Sachverhalt

Der Kläger ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. 1989 begann er mit der Errichtung eines Gebäudes, das er im Jahr 1990 anteilig an die GmbH steuerpflichtig vermietete sowie privat nutzte. Der Umfang der steuerpflichtigen Vermietung betrug in den Streitjahren 1990 und 1991 59,2%. In seinen USt-Erklärungen für 1990 und 1991 machte der Kläger Vorsteuerbeträge aus Rechnungen für Leistungen zur Errichtung und Erhaltung des Gebäudes geltend, soweit diese anteilig auf die steuerpflichtige Vermietung entfielen. Bei einer Prüfung stellte das Finanzamt fest, dass der Kläger in diesen Steuererklärungen Vorsteuerbeträge aus Endrechnungen geltend gemacht hatte, denen bereits Abschlagsrechnungen mit ausgewiesener und vom Kläger geltend gemachter USt vorausgegangen waren, ohne dass diese Beträge in den Endrechnungen abgesetzt worden waren. Das Finanzamt meinte, die in den Endrechnungen ausgewiesene USt dürfe nur berücksichtigt werden, soweit sie nicht bereits im vorausgegangenen Veranlagungszeitraum als Vorsteuer aus den Abschlagsrechnungen berücksichtigt worden sei. Im Streitjahr 1992 änderte sich gegenüber den Vorjahren der Umfang der steuerpflichtigen Nutzung des Gebäudes. In den Monaten Mai bis September vermietete der Kläger das Haus zu 100 %, in den Monaten Oktober bis Dezember zu 80 % an die GmbH. Er machte deshalb weitere Vorsteuerbeträge aus einer entsprechenden Berichtigung nach § 15a Abs. 5 UStG 1980/1991 geltend. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuerberichtigung nur in dem um die doppelt erfassten Vorsteuerbeträge geminderten Umfang an. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Vorsteuerbeträge abziehen. Der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt bei richtlinienkonformer Auslegung voraus, dass eine Steuer für den berechneten Umsatz geschuldet wird[2]. Absetzbar ist hiernach nur die für den berechneten Umsatz geschuldete Steuer, nicht dagegen die lediglich nach § 14 Abs. 3 UStG oder nach § 14 Abs. 2 UStG geschuldete USt.

Der Kläger darf die in den Endrechnungen ausgewiesene Steuer nur gekürzt um die bereits berücksichtigten Vorsteuerbeträge aus den Abschlagsrechnungen als Vorsteuer abziehen; ein weiterer Vorsteuerabzug steht ihm deswegen nicht zu, weil der Leistende die Steuer in diesem Umfang wegen der Abschlagsrechnungen nicht (mehr) für einen Umsatz, sondern deswegen schuldet, weil er sie in diesem Umfang zu Unrecht ausgewiesen hat. Hat ein Unternehmer bereits vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung Entgelte vereinbart, so entsteht insoweit auch die Steuer schon mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist[3], mithin aufgrund eines eigenen Besteuerungstatbestands[4]. Deshalb verlangt § 14 Abs. 1 Satz 5 UStG 1980 bzw. § 14 Abs. 1 Satz 7 UStG 1991, dass in der Endrechnung die vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abgesetzt werden, wenn der Unternehmer dementsprechend über die Teilentgelte Rechnungen i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 2 UStG ausgestellt hat. Geschieht dies nicht, hat der Unternehmer in der Endrechnung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen, als er nach dem Gesetz für den Umsatz schuldet. Offen bleiben kann, ob er die zu Unrecht ausgewiesene USt nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG[5] oder nach § 14 Abs. 3 UStG schuldet. Die Unterscheidung zwischen § 14 Abs. 2 UStG und § 14 Abs. 3 UStG hat inzwischen insoweit keine Bedeutung mehr, als richtlinienkonform nur die für einen Umsatz geschuldete USt - also weder die nach § 14 Abs. 2 UStG noch die nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldete Steuer - zum Vorsteuerabzug berechtigt. Auch darf in beiden Fällen die zu Unrecht in Rechnung gestellte USt berichtigt werden, wenn der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger rückgängig gemacht worden ist[6].

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 11.4.2002 – V R 26/01

[2] Vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 13.12.1989, Rs. C-342/87 (Genius Holding), Slg. 1989, S. 4227
[3] Vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst a Satz...

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