Leitsatz

Der Abzug von Vorsteuerbeträgen aus Reisekosten nach Pauschbeträgen setzt auch im Besteuerungszeitraum 1996 voraus, dass der Unternehmer seinem Arbeitnehmer aus Anlass einer Dienstreise im Inland Mehraufwendungen für Verpflegung nach Pauschbeträgen erstattet. Ein pauschaler Vorsteuerabzug für erstattete Aufwendungenwegen Mehrverpflegung bei Fahrtätigkeiten ist nicht zulässig.

 

Sachverhalt

Ein Transportunternehmen mit 24 Lkwerstattete seinen Fahrern im Streitjahr 1996 Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von lohnsteuerfreien Pauschbeträgen[1]. Aus den darüber angefertigten Abrechnungen machte sie pauschal den Vorsteuerabzug nach § 36 Abs. 1, § 38 Satz 1 UStDV 1993 für Dienstreisen geltend. Das Finanzamt lehnte ab, weil die Voraussetzungen für Dienstreisen nicht gegeben seien. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Versagung des Vorsteuerabzugs.

1. Ein Vorsteuerabzug des Unternehmers nach § 15 Abs. 5 Nr. 4 UStG 1993 i.V.m. §§ 36, 38 UStDV 1993 (abweichend vom Regelfall des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1993) aus Aufwendungen, die er seinem Arbeitnehmer aus Anlass einer Dienstreise u. a. für Übernachtungen oder Mehraufwendungen für Verpflegung nach Pauschbeträgen erstattet, schied aus. Der von dieser Regelung vorausgesetzte Begriff der Dienstreise nach den für die Lohnsteuer geltenden Merkmalen war nicht erfüllt; denn der Unternehmer konnte nur für drei Kraftfahrer Belege i. S.v. § 36 Abs. 5 Nr. 1 UStDV 1993 über die Reise vorlegen. Überdies hatten diese keine nennenswerten Tätigkeiten am Betriebssitz ausgeführt; dieser war also nicht als beruflicher Mittelpunkt anzusehen. Die Aufwendungen waren also nur bei sog. Fahrtätigkeiten entstanden.

Die vom Unternehmer beantragte Einbeziehung auch der Fahrtätigkeiten von Berufskraftfahrern in den für den Vorsteuerabzug vorausgesetzten Dienstreise-Begriff durch "verfassungskonforme Auslegung", lehnte der BFH ab. Zwar wurde ertragsteuerlich der Abzug von Reisekosten als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten[2] erweitert. Gleichwohl kennt das Lohnsteuerrecht weiterhin den Begriff der Dienstreise[3]. Wegen der unterschiedlichen Regelungsziele ist es verfassungsrechtlich[4] nicht geboten, entgegen der Regelung in Abschn. 37 Abs. 3 LStR 1996 Dienstreisen schon bei Fahrtätigkeiten anzunehmen, nur weil der Aufwand dafür als Reisekosten anzusehen und steuermindernd absetzbar ist.

Der Gesetzgeber verhielt sich richtlinienkonform, als er den Vorsteuerabzug nach § 38 UStDV 1993 im Streitjahr 1996 unverändert nur in den durch Art. 17 Abs. 1, 2 der 6. RL gezogenen Grenzen zuließ; denn das Gemeinschaftsrecht lässt einen Vorsteuerabzug aus Kosten, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ersetzt, grundsätzlich nicht zu[5].

2. Ein Vorsteuerabzug des Unternehmers nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 1993 schied aus, weil die seinen Arbeitnehmern zugewendeten Leistungen, z.B. Verpflegung, nicht für das Unternehmen erbracht worden und keine auf den Unternehmer ausgestellten Rechnungen vorhanden waren.

 

Praxishinweis

Das Urteil betrifft den Rechtszustand von 1996 bis zur Aufhebung des Vorsteuerabzugs aus Reisekosten-Erstattungen an Arbeitnehmer nach den §§ 36ff. UStDV ab 1.4.1999. Die noch "offenen" Fälle für diese Zeit dürften damit entschieden sein. Die Frage einer wirksamen Ermächtigung für die Aufhebung der (an sich vernünftigen) Regelung in den §§ 36ff. UStDV ab 1.4.1999 war hier nicht einschlägig[6]. Das Urteil verweist aber auf EuGH-Rechtsprechung zur nachträglichen Einschränkbarkeit von nationalen Ausnahmeregelungen zum Vorsteuerabzug, soweit damit der nach der 6. RL vorgegebene Regelzustand erreicht wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 03.04.2003, V R 88/01

[2] Vgl. § 4 Abs. 5 Nr. 5, § 9 Abs. 5 EStG i.d.F. des JStG 1996, BGBl I 1995, S. 1250
[3] Vgl. Abschn. 37 Abs. 3 LStR 1996
[4] Vgl. Art. 3 GG
[6] Vgl. dazu das BFH-Verfahren V R 4/03

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