Leitsatz
- Für den Umfang des Vorsteuerabzugs bei Erwerb und erheblichem Umbau eines Gebäudes, das anschließend vom Erwerber für steuerpflichtige und steuerfreie Verwendungsumsätze vorgesehen ist, ist vorgreiflich zu entscheiden, ob es sich bei den Umbaumaßnahmen nur um Erhaltungsaufwand am Gebäude oder um anschaffungsnahen Aufwand handelt oder ob insgesamt die Herstellung eines neuen Gebäudes anzunehmen ist.
- Vorsteuerbeträge, die den Gegenstand selbst (Gebäude) oder die Erhaltung, die Nutzung oder den Gebrauch des Gegenstands betreffen, sind gesondert zu beurteilen.
- Handelt es sich insgesamt um Aufwendungen für das Gebäude selbst, kommt nur eine Aufteilung der gesamten Vorsteuerbeträge nach einem sachgerechten Aufteilungsmaßstab in Betracht (§ 15 Abs. 4 UStG 1991). Dieser kann ein Flächenschlüssel oder ein Umsatzschlüssel sein. Ein sog. Investitionsschlüssel ist nicht zulässig.
- Der Umfang der abziehbaren Vorsteuerbeträge auf sog. Erhaltungsaufwendungen an dem Gebäude kann sich danach richten, für welchen Nutzungsbereich des gemischt-genutzten Gebäudes die Aufwendungen vorgenommen werden.
- Ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab i.S. des § 15 Abs. 4 UStG 1991 für die Vorsteuerbeträge auf den Erwerb (bzw. die Herstellung) eines gemischt-genutzten Gegenstands, der einem bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheid für den entsprechenden Besteuerungszeitraum zugrunde liegt, ist – auch für folgende Besteuerungszeiträume – bindend und der Besteuerung zugrunde zu legen. Das gilt auch dann, wenn gegebenenfalls noch andere "sachgerechte" Ermittlungsmethoden in Betracht kommen, wie z.B. die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der mit dem Gegenstand ausgeführten Umsätze (gegenstandsbezogener Umsatzschlüssel).
- Der gewählte (sachgerechte) Aufteilungsmaßstab ist auch maßgebend für eine mögliche Vorsteuerberichtung nach § 15a UStG 1991; die Bestandskraft der Steuerfestsetzung für das Erstjahr gestaltet die für das Erstjahr "maßgebende" Rechtslage für die Verwendungsumsätze.
Sachverhalt
Eine GbR erwarb im Dezember 1991 ein Grundstück mit einem im Jahr 1903 errichteten, leerstehenden Gebäude für 1,5 Mio. DM mit dem Ziel der Instandsetzung, der Modernisierung, des Dachgeschossausbaus, der Schaffung neuer Wohnungen sowie der Verwaltung des Grundstücks. Sie beauftragte einen Generalübernehmer zu einem Festpreis mit der Durchführung der Ausbau- und Modernisierungsmaßnahmen. Unter anderem wurden fünf Atelierwohnungen und eine vom vierten Geschoss ins Dachgeschoss erweiterte Maisonettewohnung mit insgesamt 450 qm Wohnfläche neu geschaffen. Der Aufwand für die Generalübernehmerleistungen betrug 10 276 443 DM. Die Bauarbeiten begannen Ende 1991; die Fertigstellung war Ende Dezember 1992. Das Gebäude wurde erst ab September 1992 nach Durchführung einzelner Baumaßnahmen sukzessive vermietet.
Der 14 % der Nutzfläche ausmachende, gewerblich genutzte Teil sollte steuerpflichtig, die auf den Wohnraum entfallende übrige Fläche steuerfrei vermietet werden. Dementsprechend erklärte die GbR für 1991 und 1992 Vorsteuerbeträge aus den Eingangsleistungen pauschal nach dem Verhältnis der Nutzflächen.
Das Finanzamt beanstandete diese pauschale Aufteilung ohne vorherige Zuordnung der Baukosten auf die Bereiche als nicht sachgerecht; denn der Umfang der Baumaßnahmen für Wohn- und Gewerbebereich weiche sehr stark voneinander ab. Statt dessen nahm das Finanzamt eine Schätzung vor; lediglich die Vorsteuerbeträge der Leistungen, die nicht ausschließlich dem Gewerbe- bzw. Wohnbereich zuzuordnen waren, wurden nach dem Flächenschlüssel berücksichtigt. Das Finanzamt korrigierte jedoch nicht die Vorsteuerbeträge des jeweiligen Jahrs, sondern kürzte lediglich im Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1992 den bisher für 1992 geltend gemachten Vorsteuerabzug. Der Umsatzsteuerbescheid für 1991 ist bestandskräftig.
Im Laufe des Klageverfahrens beantragte die GbR den Abzug der gesamten Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel. Das FG gab der Klage statt:
- Eine Zuordnung der Bauaufwendungen zu einzelnen Maßnahmen scheide aus, weil die GbR einen Generalübernehmervertrag abgeschlossen habe, der die gesamte Baumaßnahme umfasse.
- Der Wechsel zur – ebenfalls i.S. des § 15 Abs. 4 UStG 1991 sachgerechten – Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel sei hinzunehmen.
Das Finanzamt legte Revision ein:
- Bei der Herstellung bzw. Renovierung und dem Ausbau eines gemischt-genutzten Gebäudes dürften Vorsteuerbeträge für Eingangsleistungen, die sich eindeutig einem der beiden Nutzungsteile zuordnen ließen, nicht nach § 15 Abs. 4 UStG 1991 aufgeteilt werden.
- Im Übrigen habe das FG nicht beachtet, dass die Klägerin an die im bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheid für 1991 gewählte Aufteilung nach dem Flächenschlüssel gebunden sei.
Entscheidung
Die Revision führte zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Der Zusammenhang der Eingangsumsätze mit den Ausgangsumsätzen ergibt sich grundsätzlich daraus, dass die Aufwendungen für den Bezug der Eingangsumsätze Teil der Kosten der Ausgangsumsätze sind.
D...