Leitsatz
Ein Vorsteuerberichtigungsanspruch des FA nach § 15a UStG, der dadurch entsteht, dass der Insolvenzverwalter ein Wirtschaftsgut abweichend von den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen verwendet, gehört zu den Masseverbindlichkeiten und kann durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.
Sachverhalt
K ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GbR, die aus den Herstellungskosten einer Einkaufspassage entsprechend der steuerpflichtigen Vermietung im Erstjahr 1998 79 % der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen hatte. Das Insolvenzverfahren wurde im April 2002 eröffnet. Zuvor hatte die GbR die Mietverträge geändert, sodass die Quote der steuerpflichtigen Vermietung in den Streitjahren 2002 bis 2004 auf 75 % sank. Dies hatte unstreitig Vorsteuerberichtigungsansprüche des Finanzamts zur Folge. Das Finanzamt sah diese nicht als Insolvenzforderungen, sondern als Masseverbindlichkeiten an und setzte sie gegen K fest. Klage und Revision hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Nach der Rechtsprechung zur Konkursordnung gehört ein Vorsteuerberichtigungsanspruch infolge des Verkaufs oder der Zwangsversteigerung des zur Konkursmasse gehörenden Vermögens zu den Massekosten. Dieser Anspruch entsteht, weil ein der Verwaltung des Konkursverwalters unterliegender Massegegenstand verwertet wird. Der Tatbestand des § 15a UStG ist erst nach Eröffnung des Konkurses verwirklicht worden. Der Anspruch ist keine aufschiebend bedingte Forderung, sondern stehe als selbstständiger Tatbestand neben dem Vorsteuerabzug nach § 15 UStG.
Diese Rechtsprechung steht nicht im Widerspruch dazu, dass der Anspruch auf "Rückforderung abgezogener Vorsteuerbeträge" nach § 17 UStG keine Masse-, sondern eine bloße Konkursforderung ist. Denn die Berichtigungspflicht nach dieser Vorschrift besteht schon mit der Eröffnung des Konkursverfahrens und nicht erst durch eine Verwertung nach Konkurseröffnung.
Hier beruht die nach § 15a UStG erforderliche Änderung der Verhältnisse nicht auf der Verwertung des Vermögens, sondern auf der Änderung des Umfangs der steuerpflichtigen Vermietung. Dies rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die steuerpflichtige Vermietung stellt ebenso wie der Verkauf eines Grundstücks eine "Verwertung" i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO dar. Denn nach § 108 Abs. 1 Satz 2 InsO bestehen Mietverhältnisse, die der Schuldner als Vermieter eingegangen ist, "mit Wirkung für die Insolvenzmasse" fort. Die Grundstücke werden damit vom Insolvenzverwalter durch Vermietung "verwertet". Die Änderung der Verhältnisse ist nicht bereits durch den Abschluss geänderter Mietverträge eingetreten. Vielmehr steht erst mit Ablauf des Kalenderjahrs fest, ob die Grundstücke tatsächlich in einem geringeren Umfang steuerpflichtig vermietet wurden als beim ursprünglichen Vorsteuerabzug angenommen.
Link zur Entscheidung
BFH, 9.2.2011, XI R 35/09.