Leitsatz

  1. Der Erwerb eines Gebrauchtwagens vom Arbeitgeber führt beim Arbeitnehmer zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn der gezahlte Kaufpreis hinter dem nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG zu bestimmenden Wert des Fahrzeugs zurückbleibt. Für den danach maßgeblichen üblichen Endpreis des Fahrzeugs ist nicht auf den Händlereinkaufspreis abzustellen, sondern auf den Preis, den das Fahrzeug unter Berücksichtigung der vereinbarten Nebenleistungen auf dem Gebrauchtwagenmarkt tatsächlich erzielen würde.
  2. Wird zur Bestimmung des üblichen Endpreises eine Schätzung erforderlich, kann sich die Wertermittlung an den im Rechtsverkehr anerkannten Marktübersichten für gebrauchte Pkw orientieren. Das Ergebnis dieser Schätzung ist in der Revision nur eingeschränkt überprüfbar.
 

Sachverhalt

Ein bei einer Wohnungsgenossenschaft bis zum Ende des Streitjahres 1999 beschäftigtes Vorstandsmitglied erwarb im Dezember 1999 den zuvor von ihm als Dienstwagen genutzten Pkw für 13340 DM. Dem Kaufpreis lag die Bewertung des Kfz-Lieferanten der Genossenschaft zugrunde, die das Vorstandsmitglied einen Monat zuvor hatte erstellen lassen. Aus der Bewertung ergab sich für den Pkw auf der Basis des Marktspiegels der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) ein Händlereinkaufswert von 11700 DM zuzüglich Umsatzsteuer. Nachdem das Finanzamt aufgrund einer Lohnsteuer-Außenprüfung von dem Sachverhalt Kenntnis erlangt hatte, erfasste es in einem geänderten Einkommensteuerbescheid einen geldwerten Vorteil in Höhe von 3660 DM als Arbeitslohn, da das Kfz nach der sog. Schwacke-Liste im Veräußerungszeitpunkt einen Händlerverkaufswert von 17000 DM einschließlich Umsatzsteuer gehabt habe. Die hiergegen erhobene Klage wurde abgewiesen. Auch die Revision hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Ein vom Arbeitgeber gewährter Rabatt ist nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG in der Höhe als Arbeitslohn zu erfassen, in der das Entgelt unter dem üblichen Endpreis am Abgabeort bleibt. Maßgebend ist dabei der Endverbraucherpreis, der gewerblichen oder privaten Anbietern gezahlt wird, wobei übernommene Nebenleistungen, etwa Gewährleistungszusagen, zu beachten sind. Gegebenenfalls ist der übliche Endpreis unter Berücksichtigung aller für die Preisbildung bedeutsamen Umstände zu schätzen. Die Überprüfung dieses Wertes durch das FG und eventuell dessen eigenständige Schätzung ist als tatrichterliche Würdigung regelmäßig für den BFH bindend. Dabei darf das FG von Richtwerten aus anerkannten Marktübersichten wie der Schwacke-Liste ausgehen, die durch einzelfallbezogene Umstände wie Ausstattung oder Laufleistung zu korrigieren sein können. Da dies im Streitfall geschehen ist, lag eine schlüssige und in sich widerspruchsfreie Wertermittlung des FG vor. Die Einlassung des Vorstandsmitglieds, eine nach Ergehen der Entscheidung erfolgte Einzelbegutachtung sei zu einem erheblich niedrigeren Verkaufswert gekommen, konnte als neuer Sachvortrag nicht mehr berücksichtigt werden.

 

Praxishinweis

Der BFH hat ausgeführt, dass die Schätzung des üblichen Endpreises und damit des Vorteils – im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzips – zunächst vom Arbeitgeber im Lohnsteuerabzugsverfahren vorzunehmen ist. Dies war nicht entscheidungserheblich, weil der Streitfall eine Veranlagung und nicht den Lohnsteuerabzug zum Gegenstand hatte. Die Äußerung ist aber bemerkenswert, weil im Urteil zum Lohnsteuerabzug bei Trinkgeldern[1] noch ausgeführt wurde, der Arbeitgeber sei nicht befugt, Besteuerungsgrundlagen zu Lasten Dritter – hier seiner Arbeitnehmer – zu schätzen, da das Gesetz eine derartige Befugnis, wie sie dem Finanzamt in § 162 AO eingeräumt wird, nicht eröffne.

Marktübersichten als Richtwerte für Schätzungen werden bereits in Form von kommunalen Mietspiegeln herangezogen. Entscheidend ist, dass sie eine individuelle Schätzung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls nicht ersetzen können. Dagegen wäre eine lediglich an Durchschnittswerten ausgerichtete private Typisierung[2] kein zulässiger Nachweis bzw. Schätzungsersatz. Lediglich von der Verwaltung aus Gründen eines einfachen und kostensparenden Gesetzesvollzugs selbst eingeführte Typisierungen sind zugunsten der Steuerpflichtigen bindend. Anders als gesetzgeberische Typisierungen schließen sie allerdings nicht den individuellen Gegennachweis günstigerer Wertverhältnisse aus.

Weil die Beteiligten diese Frage nicht aufgeworfen haben, hat der BFH nicht dazu Stellung genommen, ob für den geldwerten Vorteil des Streitfalls der Rabattfreibetrag des § 8 Abs. 3 EStG in Betracht kam. Dies erscheint bei verbilligter Veräußerung von Gebrauchtwagen nicht ausgeschlossen, weil das betreffende Produkt nicht zum hauptsächlichen oder eigentlichen Geschäftsgegenstand des Arbeitgebers gehören muss[3]. Letztlich dürfte es darauf ankommen, ob Gebrauchtwagen nicht überwiegend an die Belegschaft verkauft werden und der Rabattfreibetrag vom Arbeitnehmer nicht bereits anderweitig ausgeschöpft worden ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 17.6.2005, VI R 84/04

[1] Vgl. BFH-Ur...

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?