Leitsatz

  1. Ob und in welchem Umfang die Aufwendungen für das Herrichten eines häuslichen Arbeitszimmers für eine spätere berufliche Tätigkeit als Werbungskosten abziehbar sind, bestimmt sich nach den zu erwartenden Umständen der späteren beruflichen Tätigkeit. Nicht entscheidend ist, ob die beabsichtigte berufliche Nutzung im Jahr des Aufwands bereits begonnen hat.
  2. Bei einem Steuerpflichtigen, der eine in qualitativer Hinsicht gleichwertige Arbeitsleistung wöchentlich an drei Tagen an einem häuslichen Telearbeitsplatz und an zwei Tagen im Betrieb des Arbeitgebers zu erbringen hat, liegt der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung im häuslichen Arbeitszimmer.
 

Sachverhalt

Der Arbeitgeber eines Versicherungsmathematikers hatte im Frühjahr 1998 Telearbeitsmodelle entwickelt, um seine eigenen Büroflächen zu reduzieren. Bei der Tätigkeit zu Hause waren zur Datensicherung bestimmte Schutzmaßnahmen einzuhalten und das Arbeitszimmer musste den Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung entsprechen. Der Arbeitgeber stellte die Technik zur Verfügung, zahlte aber kein Entgelt für die Raumnutzung. Der Arbeitnehmer wendete im Streitjahr 1998 für das Einrichten eines Telearbeitsplatzes in seinem Wohnhaus, den er ab Februar 1999 als häusliches Arbeitszimmer nutzte, 25244 DM auf. Das Finanzamt erkannte zunächst keine Werbungskosten an, da dem Arbeitnehmer auch 1999 noch ein betrieblicher Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe, berücksichtigte aber 2400 DM, nachdem der Arbeitgeber bescheinigt hatte, dass der Arbeitnehmer ab Februar 1999 wöchentlich zwei Tage im Unternehmen und drei Tage zu Hause gearbeitet habe. Das FG wies die Klage hinsichtlich der übrigen Aufwendungen ab. Es ging davon aus, dass zwischen der Arbeit zu Hause und im Betrieb kein qualitativer Unterschied bestehe. Da der Arbeitnehmer ca. 40 % seiner Kerntätigkeit im Betrieb leisten müsse, sei nicht erkennbar, dass sich der Erwerbsmittelpunkt im häuslichen Arbeitszimmer befinde. Die Revision des Arbeitnehmers führte zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

 

Entscheidung

Der BFH führt im Anschluss an seine bisherige Rechtsprechung aus, dass die Frage, ob Aufwendungen für das Herrichten eines häuslichen Arbeitszimmers den Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG unterliegen, nach den zu erwartenden Umständen der späteren beruflichen Tätigkeit zu entscheiden ist. Danach waren die Kosten dem Grunde nach unbeschränkt zu berücksichtigen, weil sich der Erwerbsmittelpunkt bei der beabsichtigten Nutzung im häuslichen Arbeitszimmer befinden wird. Für diesen haben die zeitlichen Nutzungsanteile zwar nur indizielle Bedeutung, weil es in erster Linie darauf ankommt, wo die wesentlichen und prägenden Arbeiten verrichtet werden (qualitativer Mittelpunkt). Sind die Arbeiten zu Hause und im Betrieb aber qualitativ gleichwertig, kann sich der Mittelpunkt nur dort befinden, wo länger gearbeitet wird. Das war hier im häuslichen Arbeitszimmer, weil der Arbeitnehmer dort an drei Tagen, im Betrieb aber nur an zwei Tagen gearbeitet hat. Die Zurückverweisung erfolgte, weil das FG die Höhe der für das Arbeitszimmer getätigten Aufwendungen klären muss.

 

Praxishinweis

Wie der BFH betont, ist die künftige Nutzung für die Abzugsbeschränkung dann maßgebend, wenn das Zimmer im Jahr der Aufwandsentstehung noch nicht beruflich genutzt wird. Damit ist aber nicht entschieden, welche Maßstäbe gelten, wenn im Aufwandsjahr andere als die beabsichtigten Nutzungsverhältnisse vorliegen. Da nur Herstellungskosten im Wege der Abschreibung auf die Nutzungsdauer zu verteilen sind, dürfte für Erhaltungskosten, z.B. bei einer Renovierung, die derzeitige und nicht die geplante Nutzung entscheidend sein. Diese Frage wird an Bedeutung gewinnen, wenn die vom Gesetzgeber beabsichtigte weitergehende Abzugsbeschränkung geltendes Recht wird. Das Gleiche gilt für die vom BFH offen gelassene Frage, ob die Abzugsbeschränkungen für einen häuslichen Telearbeitsplatz überhaupt gelten. Der Begriff Telearbeit weist lediglich auf das Beschäftigungsinstrument – elektronische Kommunikationsmittel – hin, besagt aber noch nichts über die Beschäftigungsform bzw. darüber, wessen Arbeitsplatz genutzt wird[1]. Deshalb dürfte die Auslagerung des Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber mit gleichzeitiger Kostenverlagerung auf den Arbeitnehmer nur dann zum unbeschränkten Abzug führen, wenn der Telearbeitsplatz zugleich dessen Erwerbsmittelpunkt darstellt. Zwar entfällt eine Abzugsbeschränkung auch dann, wenn das häusliche Arbeitszimmer als Büro des Arbeitgebers anzusehen ist. Das erfordert aber, dass der Arbeitgeber nicht nur die Kosten für die elektronische Einrichtung, sondern auch die Raumkosten – jedenfalls teilweise – trägt.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 23.5.2006, VI R 21/03

[1] Vgl. Röller, in: Küttner, Personalbuch, München 2006, Telearbeit, Rz. 1ff.

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