AVBWasserV §§ 19, 30
- Bei einem Streit über den Umfang des Wasserverbrauchs obliegt dem Versorgungsunternehmen die Beweislast dafür, dass ein technisch einwandfrei funktionierender Zähler installiert war und ordnungsgemäß abgelesen wurde. Hat eine Überprüfung des Wasserzählers durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle für Messgeräte die Einhaltung der in der Eichordnung festgelegten Verkehrsfehlergrenzen ergeben, spricht der Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit der Anzeige der Wasseruhr.
- Der Kunde hat einen von ihm behaupteten Defekt des Zählers substanziiert darzutun und den Zähler nach § 19 AVBWasserV überprüfen zu lassen, um die Fiktion zu entkräften, nach der die Angaben geeichter Messgeräte innerhalb der festgelegten Fehlergrenzen als richtig gelten.
- Meldet der Kunde nach Zugang der Wasserrechnung Zweifel an der Funktionstüchtigkeit eines bereits ausgebauten Wasserzählers an, ohne zugleich einen Antrag gemäß § 19 AVBWasserV zu stellen, so hat das Versorgungsunternehmen entweder selbst eine Nachprüfung des Wasserzählers zu veranlassen oder ihn zumindest aufzubewahren, um eine spätere Nachprüfung zu ermöglichen.
(amtlicher Leitsatz des Gerichts)
In dem Ausgangsverfahren nimmt ein Wasserversorgungsunternehmen einen Gebäudeeigentümer auf Bezahlung einer Wasserrechnung in Anspruch. Dieser verweigert die Zahlung mit der Begründung, dass die berechnete Wassermenge ungewöhnlich hoch und mit dem normalen Verbrauch nicht zu erklären sei. Entweder sei der Zähler defekt oder die Ablesung fehlerhaft.
1. Offensichtlicher Fehler
Nach § 30 AVBWasserV berechtigen Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen nur dann zur Zahlungsverweigerung, "soweit sich aus den Umständen ergibt, dass offensichtliche Fehler vorliegen". Dies ist nur dann der Fall, wenn sich der Fehler bereits aus der Rechnung ergibt und diese auf den ersten Blick fehlerhaft ist.
Wendet der Kunde lediglich ein, dass der abgerechnete Verbrauch nicht zutreffen könne, weil die Werte erheblich über dem sonstigen Verbrauch liegen oder weil das Gebäude während des Abrechnungszeitraums nicht benutzt worden sei, liegt kein offensichtlicher Fehler vor.
Hoher Wasserverbrauch
Ursache eines ungewöhnlichen Verbrauchs kann nämlich auch ein Wasserrohrbruch sein.
2. Antrag auf Nachprüfung des Wasserzählers
Der Kunde ist in Fällen dieser Art nicht schutzlos, weil er eine zu Unrecht erbrachte Zahlung gem. § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB zurückverlangen kann. In diesem Verfahren trägt das Versorgungsunternehmen die Beweislast dafür, dass der Zähler technisch einwandfrei ist und dass richtig abgelesen wurde. Handelt es sich um ein geeichtes Gerät, spricht zwar der Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit der Anzeige.
Der Kunde kann den Anschein widerlegen. Der Hinweis auf einen besonders hohen und ungewöhnlichen Verbrauch genügt auch insoweit nicht. Vielmehr muss er die Rechte aus § 19 AVBWasserV wahrnehmen.
Wasserzähler nachprüfen lassen
Danach kann der Kunde die Nachprüfung der Messeinrichtung nach § 32 Abs. 2 der Eichordnung verlangen. Der Antrag ist bei dem Wasserversorgungsunternehmen zu stellen.
Hier hat der Gebäudeeigentümer dem Versorgungsunternehmen zur Begründung der Zahlungseinstellung mitgeteilt, dass er Zweifel an der Richtigkeit der Rechnung habe. Das Versorgungsunternehmen hat daraufhin zur Unterbrechung der Wasserversorgung den Zähler ausgebaut, diesen aber nicht der Eichbehörde zur Verfügung gestellt, sondern einer anderen Verwendung zugeführt. Eine Überprüfung des Zählers war deshalb nicht mehr möglich. Das Gericht bewertet dieses Verhalten als Beweisvereitelung mit der weiteren Folge, dass dem Gebäudeeigentümer der Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB zuzusprechen war.
KG Berlin, Beschluss v. 4.2.2013, 8 U 215/12