Die "gelbe Karte" des Mietrechts ist die Abmahnung. Sie soll dem Mieter verdeutlichen, dass fortgesetztes Fehlerverhalten zum Verlust der Wohnung bzw. des Geschäftsraums führen kann. Die Abmahnung ist also die Vorstufe zur Kündigung. In einigen Fällen ist die Abmahnung Voraussetzung einer Kündigung, in anderen Fällen kann sogleich auch außerordentlich fristlos gekündigt werden.

6.1 Was ist eine Abmahnung?

Die Abmahnung ist eine rechtsgeschäftsähnliche, dem Schutz des Mieters dienende, einseitige und empfangsbedürftige Erklärung.[1] Wie im Arbeitsrecht hat auch die (qualifizierte) mietrechtliche Abmahnung zwei Funktionen:

  1. Dokumentationsfunktion
  2. Warnfunktion
[1] Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 541 Rn. 4.

6.1.1 Dokumentationsfunktion

Ihre Dokumentationsfunktion erfüllt die Abmahnung, indem sie dem Mieter klar vor Augen führt, welche konkreten Pflichtverletzungen beanstandet werden. Dabei muss die beanstandete Pflichtverletzung so genau bezeichnet werden, dass der Mieter genau weiß, welches Fehlverhalten künftig zu unterlassen ist.[1] Lediglich allgemeine Beschreibungen wie etwa "Hiermit fordere ich Sie auf, künftige Vertragsverletzungen zu unterlassen" oder "Hiermit fordere ich Sie auf, sich vertragsgemäß zu verhalten", genügen nicht.

 
Praxis-Tipp

Der Vermieter trägt im Räumungsprozess die Darlegungs- und Beweislast für Pflichtverstöße des gekündigten Mieters. Seiner Darlegungslast genügt er dabei nur, wenn er die Vertragsverstöße, auf die er die Kündigung stützt, exakt nach Vorfall und Datum belegen kann.

Auch die Abmahnung kann nur dann ihrer Dokumentationspflicht genügen, wenn ihr die Pflichtverletzungen des Mieters exakt zu entnehmen sind. Der Vermieter sollte demnach Vertragsverstöße seines Mieters möglichst detailliert dokumentieren.

Wenn andere Hausbewohner von den Vertragsverletzungen des abzumahnenden Mieters beeinträchtigt sind, sollten auch diese gebeten werden, Entsprechendes zu dokumentieren. Dies gilt insbesondere in dem nicht seltenen Fall, dass der Vermieter nicht im Haus des abzumahnenden Mieters lebt.

[1] LG Bonn v. 20.8.2015, 6 S 38/15, juris.

6.1.2 Warnfunktion

Ihre Warnfunktion erfüllt die Abmahnung, indem sie dem Mieter klar vor Augen führt, welche Konsequenzen weitere Pflichtverletzungen haben werden. Für die Wirksamkeit der mietrechtlichen Abmahnung soll dies allerdings nicht erforderlich sein. So soll allein die Beanstandung der konkreten Pflichtverletzung genügen.[1] Gleichwohl aber empfiehlt sich der ausdrückliche Hinweis auf weitere Konsequenzen. Im Bereich des Mietrechts spricht man hier von einer "qualifizierten" Abmahnung. Jedenfalls sollte nach hier vertretener Ansicht dem Mieter klar und deutlich vor Augen geführt werden, dass bei weiteren Pflichtverletzungen der Bestand des Mietverhältnisses auf dem Spiel steht.

Allerdings kann es für den Vermieter dann gefährlich werden, wenn er zwar in seiner Abmahnung die Kündigung des Mietverhältnisses bei weiteren Vertragsverstößen in Aussicht stellt, auf weitere Vertragsverstöße aber mehrmals nur mit einer Abmahnung reagiert. Beim Mieter könnte dadurch nämlich der Eindruck entstehen, der Vermieter würde auf Vertragsverstöße trotz Kündigungsandrohung doch nur mit Abmahnungen reagieren. Diesen Teufelskreis kann der Vermieter durchbrechen, indem er eine Abmahnung als die "letzte" bezeichnet oder unmissverständlich zum Ausdruck bringt, "letztmals" auf die Konsequenzen weiterer Pflichtverletzungen hinzuweisen. Er muss aber dann im Wiederholungsfall auch tatsächlich die Kündigung des Mietverhältnisses erklären.

 
Achtung

Hat sich der Vermieter für die Abmahnung entschieden, kann er wegen desselben Vorfalls nicht kündigen. Eine Kündigung, die mit einem vertragswidrigen abgemahnten Verhalten des Mieters begründet wird, ist unwirksam, wenn die Kündigung auf den der Abmahnung zugrunde liegenden (Einzel-)Fall gestützt wird.[2]

[1] LG Bonn v. 20.8.2015, 6 S 38/15, juris.
[2] AG Hamburg v. 15.7.2016, 46 C 144/16, ZMR 2016, 882; LG Berlin, v. 22.2.2000, 64 S 418/99, GE 2000, 541.

6.2 Form

Die Abmahnung bedarf keiner besonderen Form, kann also auch mündlich erfolgen. Da die (erfolglose) Abmahnung in bestimmten Fällen jedoch Voraussetzung einer Kündigung des Mietverhältnisses ist, sollte sie schriftlich unter beweisbarem Zugang erfolgen. Eine mündliche Abmahnung kann freilich auch bewiesen werden, wenn sie unter Zeugen ausgesprochen wird.

 
Praxis-Tipp

Will der Vermieter mündlich in Anwesenheit eines Zeugen abmahnen, sollte er unmittelbar danach ein Protokoll über die Abmahnung anfertigen und unbedingt von dem Zeugen unterzeichnen lassen. Existenz und Inhalt der Abmahnung werden im Ernst – sprich Klagefall – im Rahmen des Räumungsprozesses vom Richter überprüft. Behauptet der Vermieter die mündliche Abmahnung, wird der Mieter diese sicherlich bestreiten oder auf ein "normales" Gespräch herunterzuspielen versuchen.

Eine Beweisaufnahme zwecks Vernehmung des Zeugen ist dann unumgänglich. Die Erfahrung zeigt immer wieder, dass Zeugen entweder unverständliche Gedächtnislücken haben oder schlicht "ins gegnerische Lager" gewechselt sind. So de...

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