Alexander C. Blankenstein
Auch bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 1 BGB gilt der Grundsatz: vor der Kündigung die Abmahnung. Diesen Grundsatz durchbricht allerdings das Gesetz in § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB selbst: Hiernach ist eine Abmahnung nicht erforderlich, wenn
- eine Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
- die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist oder
- der Mieter mit der Mietzahlung für zwei aufeinanderfolgende Monate oder über einen längeren Zeitraum mit der Miete in Höhe von zwei Monatsmieten in Verzug ist. § 569 Abs. 2a BGB regelt Entsprechendes, wenn der Mieter mit der Leistung der Kaution in Verzug ist.
6.3.2.1 Offensichtliche Erfolglosigkeit
Eine Abmahnung ist immer dann entbehrlich, wenn sie keinen Erfolg haben wird, weil mehr oder weniger feststeht, dass der Mieter sein Verhalten ohnehin nicht ändern wird. Lehnt es der Mieter also ausdrücklich oder eindeutig – auch durch schlüssiges Verhalten – ernsthaft und endgültig ab, eine noch andauernde Pflichtverletzung einzustellen oder künftig zu unterlassen, bedarf es vor der Kündigung keiner Abmahnung.
Die Abmahnung eines geistig verwirrten Mieters wird kaum Erfolg haben, da der Mieter aufgrund seines psychischen Zustands nicht in der Lage ist, sein Verhalten nach der Abmahnung zu ändern, so er überhaupt den Inhalt der Abmahnung versteht.
Trotz des mietvertraglich vereinbarten Verbots der Haltung von Kampfhunden schafft sich der Mieter einen Rottweiler an. Hierauf vom Vermieter angesprochen äußert er, dieses Tier würde er niemals abschaffen, vielmehr zu seinem effektiven Schutz abrichten. Eine Abmahnung ist hier überflüssig, da der Mieter deutlich zum Ausdruck gebracht hat, die Vertragsverletzung nicht unterlassen zu wollen.
6.3.2.2 Schwerwiegende Vertrauensstörung
Eine Abmahnung vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung ist entbehrlich, wenn das Fehlverhalten des Vertragspartners die Vertrauensgrundlage in so schwerwiegender Weise erschüttert hat, dass diese auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann.
Handelt der Mieter in der Wohnanlage mit Heroin, führt dies zu einer besonderen Attraktivität dieser Wohnanlage im Drogenmilieu und somit zu einer unmittelbaren Gefährdung insbesondere jugendlicher Hausbewohner. Einer vorangehenden Abmahnung bedarf es in einem derartigen Fall nicht, weil dem Vermieter das Risiko ihrer Erfolglosigkeit nicht zugemutet werden kann. In diesem Fall nämlich würde über einen nicht absehbaren Zeitraum die vorgenannte konkrete Gefährdung der Hausbewohner fortbestehen.
In all den Fällen, in denen der Mieter strafrechtlich relevantes Verhalten an den Tag legt, bedarf es keiner Abmahnung. Namentlich umfasst hiervon sind insbesondere Fälle, in denen der Mieter
- den Vermieter grob beleidigt und die Beleidigung nicht der "Hitze des Gefechts" infolge einer streitigen Auseinandersetzung mit dem Vermieter bei ansonsten ungetrübtem Mietverhältnis geschuldet ist;
- gegenüber dem Vermieter oder einem seiner Mitarbeiter oder auch gegenüber anderen Hausbewohnern "handgreiflich" wird;
- in der Wohnanlage mit Drogen dealt;
- Einbrüche/Diebstähle in anderen Wohnungen verübt.
6.3.2.3 Zahlungsverzug
Der Vermieter ist zur außerordentlichen fristlosen Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB berechtigt, wenn der Mieter
- entweder für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Miete oder einem nicht unerheblichen Teil der Miete in Verzug ist oder
- in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrags in Verzug ist, der der Miete für zwei Monate entspricht.
In diesen Fällen bedarf es nach der weiteren Bestimmung des § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BGB vor der Kündigung keiner Abmahnung (siehe vertiefend Kap. 3.1.3).
Entsprechendes gilt gemäß § 569 Abs. 2a BGB, wenn der Mieter mit der Zahlung zweier Kautionsraten in Verzug ist (siehe vertiefend Kap. 1.3.1).
Bei Verzug mit Mietzahlungen kann ausnahmsweise eine Fristsetzung oder ein sonstiger Hinweis des Vermieters geboten sein, wenn sich etwa die Hausverwaltung und damit Bankverbindungen geändert hat und zuvor keine Anhaltspunkte für Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit des Mieters vorgelegen haben.