Alexander C. Blankenstein
Unter der "Ziehfrist" ist die Zeitspanne zu verstehen, die dem Mieter zu gewähren ist, damit er im Anschluss an eine außerordentliche fristlose Kündigung seiner Räumungspflicht nachkommen kann.
Die außerordentliche fristlose Kündigung beendet zwar das Mietverhältnis mit Zugang beim Mieter. Diesem ist jedoch eine sog. "Ziehfrist" zu bewilligen, da er schlechterdings nicht in der Lage ist, nach Lektüre des Kündigungsschreibens unmittelbar und sofort das Mietobjekt zu räumen.
Räumt der Vermieter dem Mieter eine Ziehfrist ein, endet das Mietverhältnis dennoch mit Zugang der Kündigung. In der Gewährung der Räumungsfrist liegt dann eine Stundung des Herausgabeanspruchs.
Obwohl der Mieter in aller Regel bereits durch eine vorherige Abmahnung "gewarnt" und somit bei einem neuerlichen Pflichtverstoß mit dem sofortigem Verlust der Mieträume rechnen muss, stellt die Gewährung einer Ziehfrist für den Vermieter stets den sichersten Weg dar. Die Ziehfrist muss – wie oben erwähnt – mindestens eine Woche betragen. Vereinzelt sind Gerichte auch großzügiger und halten eine Ziehfrist von zwei Wochen für erforderlich.
Hat der Mieter das Mietobjekt dann immer noch nicht freiwillig geräumt, kann Räumungsklage gegen ihn erhoben werden. Den sichersten Weg beschreitet der Vermieter mit der Gewährung einer Ziehfrist deshalb, weil er ggf. vor unliebsamen Überraschungen verschont bleibt.
Der Mieter ist der mit der Zahlung auch der zweiten Kautionsrate in Verzug. Der Vermieter kündigt das Mietverhältnis nach der Bestimmung des § 569 Abs. 2a BGB außerordentlich fristlos. Gleichzeitig beauftragt er seinen Anwalt, eine Räumungsklage einzureichen. Diese geht bei Gericht am nächsten Tag ein. Just an diesem Tag findet der Vermieter die Schlüssel zum Mietobjekt mit einem Zettel, auf dem der Mieter mitteilt, das Objekt geräumt zu haben.
Durch den Auszug des Mieters hat sich die Räumungsklage in der Hauptsache erledigt. Da die Rechtsprechung davon ausgeht, dass der Mieter dem Vermieter für die Erhebung einer Räumungsklage keine Veranlassung gegeben hätte, wäre ihm die Ziehfrist gewährt worden, hat der Vermieter die Kosten des Gerichtsverfahrens zu tragen. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung einer Räumungsklage ist über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO unter Berücksichtigen des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Die Erledigung des Rechtsstreits liegt auch dann vor, wenn der Vermieter wegen Zahlungsrückständen des Mieters das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigt und der Mieter innerhalb von ein bis zwei Wochen die Mietrückstände ausgleicht. Auch hier sind dem Vermieter die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Andererseits hat ein vom Mieter vorgerichtlich gegebenes Versprechen, das Mietobjekt bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in den nächsten drei Monaten zu räumen, keine Bedeutung. Der Vermieter, der nach einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges die Räumung verlangen kann, muss nicht auf eine gegebene Räumungszusage vertrauen, sondern ist berechtigt, sofort Klage zu erheben – selbstverständlich erst nach Gewährung einer "Ziehfrist".