Leitsatz (amtlich)
Bei einer Personengesellschaft geht die Möglichkeit zum Verlustabzug nach § 10a GewStG insoweit verloren, als der Fehlbetrag aus vorangegangenen Erhebungszeiträumen anteilig auf den ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt. Dies gilt auch dann, wenn der ausgeschiedene Gesellschafter über eine Organgesellschaft (GmbH) mittelbar an der Personengesellschaft (KG) beteiligt bleibt.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, betreibt ein Einzelhandelsunternehmen. Komplementärin war die V-GmbH (ohne Kapitalanteil), einer der Kommanditisten die D-AG mit einem Anteil von 95 %. Die D-AG war auch an der V-GmbH beteiligt. Zum 1.1.1991 veräußerte die D-AG sowohl ihren Gesellschaftsanteil an der Klägerin als auch ihren Geschäftsanteil an der V-GmbH an die S-GmbH. Die S-GmbH ist eine 100 %-ige Tochter der D-AG und dieser organschaftlich untergeordnet. Der Gewerbeertrag der Klägerin für das Streitjahr 1991 betrug 454560 DM, die Fehlbeträge für frühere Erhebungszeiträume zum 31.12.1990 insgesamt 23 627 683 DM. Demgemäß beantragte die Klägerin, den GewSt-Meßbetrag für 1991 unter Berücksichtigung eines Gewerbeertrages von 0 DM festzusetzen und auf den 31.12.1991 einen Gewerbeverlustvortrag von 23 073 123 DM festzustellen. Das Finanzamt meinte, dass der vorgetragene Verlust insoweit unberücksichtigt bleiben müsse, als er auf die ausgeschiedene D-AG entfalle. Klage und Revision blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin kann von dem Gewerbeertrag des Erhebungszeitraums 1991 Fehlbeträge für frühere Erhebungszeiträume nach § 10a GewStG nur insoweit abziehen, als sie auf diejenigen Mitunternehmer entfallen, die sowohl an den Fehlbeträgen der früheren Erhebungszeiträume als auch an dem Gewerbeertrag des Streitjahres beteiligt waren. Das trifft weder auf die D-AG noch auf die S-GmbH zu. Dem steht nicht entgegen, dass die S-GmbH ihren Kommanditanteil von der D-AG und damit im Organkreis erworben hat.
Der Verlustabzug nach § 10a GewStG setzt neben der Unternehmensidentität auch Unternehmeridentität voraus. Das bedeutet, dass der Steuerpflichtige, der den Verlustabzug in Anspruch nimmt, den Gewerbeverlust zuvor in eigener Person erlitten haben muss. Ist der Steuerpflichtige eine Personengesellschaft, geht dieser die Möglichkeit zum Verlustabzug insoweit verloren, als der Fehlbetrag aus vorangegangenen Erhebungszeiträumen anteilig auf den ausgeschiedenen Mitunternehmer entfällt. Dies gilt selbst dann, wenn der ausgeschiedene Gesellschafter über eine andere Personengesellschaft (Obergesellschaft) weiterhin an der Untergesellschaft mittelbar beteiligt bleibt. Dies gilt entsprechend für eine mittelbare Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft.
Der Grundsatz der Unternehmens- und Unternehmeridentität gilt auch für organschaftlich verbundene Unternehmen. Das hat zur Folge, dass weder das Rechtsverhältnis der Klägerin zum Organträger D-AG noch das Rechtsverhältnis der Klägerin zur Organgesellschaft S-GmbH die Rechtsgrundlage für den Abzug des auf die D-AG entfallenden Anteils an den Fehlbeträgen der Klägerin aus den Erhebungszeiträumen vor 1991 sein kann. Das Rechtsverhältnis zur D-AG ist mit deren Ausscheiden aus der Klägerin beendet; die Betriebsstättenfiktion des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG führt auf der Grundlage der eingeschränkten Einheitstheorie nicht dazu, dass der ausscheidende Organträger über die eintretende Organgesellschaft weiterhin an der Klägerin beteiligt bleibt. Dementsprechend hat auch das Rechtsverhältnis der Klägerin zur S-GmbH nicht zur Folge, dass nunmehr diese hinsichtlich des auf die D-AG entfallenden Anteils an den früheren Fehlbeträgen an die Stelle der D-AG tritt. Das Organschaftsverhältnis bietet keine Rechtsgrundlage für eine unmittelbare Zurechnung der Ergebnisse der Organgesellschaft aus einer solchen Beteiligung zum Organträger. Was aber für Verluste von Personengesellschaften während eines zwischen den Gesellschaftern bestehenden Organschaftsverhältnisses gilt, muss erst recht für vororganschaftliche Verluste der Personengesellschaft gelten, die auf einen ausgeschiedenen Gesellschafter entfielen und nur noch mittelbar über den eintretenden Gesellschafter fortwirken könnten.
Link zur Entscheidung
BFH vom 29.8.2000 – VIII R 1/00