Beschädigtes Garagendach
Die Parteien waren Grundstücksnachbarn. Bei einem Sturm mit einer Windgeschwindigkeit von 63,9 km/h (8 Beaufort) stürzten die Baumkronen von 2 Pappeln auf dem Grundstück der Beklagten auf das Grundstück der Klägerin und beschädigten deren Garagendächer.
Nach Auffassung des OLG Brandenburg konnte die Klägerin den Beklagten weder aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB noch im Wege des verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB erfolgreich in Anspruch nehmen. Die Begründung des Gerichts stellt sich im Wesentlichen wie folgt dar:
Baumkontrolle obliegt Eigentümer
Es obliegt dem Eigentümer, die auf seinem Grundstück vorhandenen Bäume in regelmäßigen Abständen auf Schäden und Erkrankungen zu untersuchen und im Falle des Verlustes der Standfestigkeit zu entfernen, damit von ihnen keine Gefahr ausgeht. Die Kontrolle der im privaten Bereich unterhaltenen Bäume kann der Eigentümer selbst durchführen. Denn Schäden und Erkrankungen kann auch ein Laie in der Regel erkennen (z. B. aufgrund abgestorbener Äste, brauner oder trockener Blätter) und darauf rechtzeitig reagieren. Eine eingehende fachmännische Untersuchung ist erst bei Zweifelsfragen zu veranlassen, etwa beim Vorhandensein nicht belaubter Äste, äußerer Verletzungen oder Pilzbefall.
Keine Bruchgefahrsymptome
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze schied eine Haftung des Beklagten hier aus. Auf den von einem Sachverständigen gefertigten Fotografien waren keine Symptome ersichtlich, die vor dem Schadensereignis ersichtlich auf eine Bruchgefahr der Kronen hingewiesen hätten. Soweit tote Äste zu erkennen gewesen wären, hätte der Beklagte diese nur entfernen müssen, wenn offenkundig die Gefahr des Herabfallens bestanden hätte. Eine Bruchgefahr für die Baumkronen, um die es hier allein ging, war indessen nicht zu erwarten gewesen.
Keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht
Auch soweit ein Teil der Äste ausweislich der vorgelegten Fotografien langsplittrige Bruchstellen aufgewiesen hatten, drängte sich nicht der Schluss auf, dass die abgebrochenen Baumteile bereits vor dem Schadensereignis erkennbar bruchgefährdet waren. Gerade das Vorhandensein solcher langsplittriger Bruchstellen ist typisch für Sturmschäden. Es war deshalb nicht feststellbar, dass sie bereits vor dem Bruchereignis vorhanden waren und auf eine herabgesetzte Verkehrssicherheit der Kronen hindeuteten.
Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch
§ 906 BGB analog scheidet aus
Der Klägerin stand schließlich auch kein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zu. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen, sofern der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden.
Ein Anspruch kommt danach insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer rechtswidrigen Beeinträchtigung in Betracht, die infolge eines faktischen Duldungszwangs nicht rechtzeitig verhindert werden konnte. Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs waren im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Denn es war davon auszugehen, dass die Baumkronen allein infolge des Sturmes als Naturereignis abgebrochen waren. Somit bestand kein Zustand, der Gegenstand eines Beseitigungsanspruches nach § 1004 Abs. 1 BGB hätte sein können.
HuG rät
Hinweis: Jeder Grundstücksbesitzer sollte über eine Privathaftpflichtversicherung und ggf. (z. B. als Vermieter eines Hausgrundstücks) über eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung verfügen, um gegen Schadensersatzansprüche Dritter abgesichert zu sein. Mit Blick auf die Gefahr von hohen Personen- und Sachschäden einschließlich von Vermögensfolgeschäden ist insbesondere auf angemessene Versicherungssummen zu achten.
(OLG Brandenburg, Urteil v. 22.10.2015, 5 U 104/13)