Bestimmung des Bezugsrechts
Nicht nur bei einem Testament sollte auf klare Formulierungen geachtet werden. Dieser Rat gilt auch für Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung, die festlegen wollen, wem die Versicherungsleistung nach seinem Tode zustehen soll. Er bestimmt so über das Bezugsrecht der Lebensversicherung. Wählt er hierbei unklare, interpretationsbedürftige Formulierungen, sind die Gerichte gezwungen, die Erklärung auszulegen – wie in folgendem Fall:
Missverständliche Klausel
Die Tochter des im Jahr 2013 verstorbenen Versicherungsnehmers hat ihren Vater nach dem Tode beerbt. Dieser war von 1996 bis zu seiner Scheidung im Jahre 2000 verheiratet. Aus dieser Ehe stammt die Antragstellerin nicht. 1988 hatte der Erblasser mit einem Versicherungsunternehmen einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen, in dem er festlegte, dass das Bezugsrecht für die Versicherungsleistung nach seinem Tode den "Eltern, bei Heirat Ehegatte" zustehen solle. Nach dem Tode zahlte der Versicherer die Versicherungsleistung an die Eltern des Erblassers aus. Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass das Bezugsrecht der Eltern mit der Heirat des Erblassers entfallen sei, sodass die Versicherungsleistung nunmehr ihr als Alleinerbin zustehe. Deswegen schulde ihr der Versicherer Auskunft über die Versicherungsleistung und (erneute) Zahlung dieses Betrags. Für eine Klage gegen die Versicherung hat die Antragstellerin Prozesskostenhilfe begehrt.
"Heirat" beendet
Doch auch das OLG Hamm hat die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage verneint und Prozesskostenhilfe deswegen versagt. Das Bezugsrecht für die Versicherungsleistung aus der Lebensversicherung legt der Versicherungsnehmer durch eine gegenüber dem Versicherer abzugebende Erklärung fest. Im vorliegenden Fall ergebe sich aus der Erklärung des Erblassers, dass seine Ehefrau die Versicherungsleistung nach der Scheidung nicht mehr habe erhalten sollen. In der vom Erblasser gewählten Formulierung "bei Heirat Ehegatte" komme zum Ausdruck, dass die Bezugsberechtigung des potenziellen Ehegatten nur für die Dauer der Ehe bestehen sollte.
Eltern erneut berechtigt
Nach der Scheidung stehe das Bezugsrecht aber nicht der Antragstellerin als Alleinerbin des Erblassers zu. Der Erblasser habe seine Eltern zunächst für den Fall keiner Heirat als Empfänger der Versicherungsleistung benannt. Auch wenn diese Bestimmung während der Dauer einer Ehe zugunsten der Ehefrau entfallen sei, folge daraus nicht, dass die Eltern bei der Beendigung der Ehe nicht erneut berechtigt sein sollten. Die Bestimmung der Eltern als Bezugsberechtigte mit der Einschränkung "bei Heirat Ehegatte" lasse vielmehr erkennen, dass die Eltern als ursprünglich Bezugsberechtigte erneut bestimmt werden sollten, wenn es beim Tode des Erblassers keinen vorrangig zu berücksichtigenden Ehegatten gebe.
(OLG Hamm, Beschluss v. 13.5.2016, 20 W 20/16)