Leitsatz
- Leistungen eines Vereins, die dem konkreten Individualinteresse der Vereinsmitglieder dienen, sind steuerbar. Die Werbung für ein von den Mitgliedern verkauftes Produkt dient dem konkreten Individualinteresse der Vereinsmitglieder.
- Leistungen eines Vereins erfolgen auch dann gegen Entgelt, wenn nicht für alle Mitglieder ein einheitlicher Beitragsbemessungsmaßstab besteht.
Konsequenzen für die Praxis
Eine entgeltliche Leistung eines Unternehmers i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG liegt vor, wenn zwischen seiner Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem zwischen ihm und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergibt. Das Rechtsverhältnis in diesem Sinn kann sich auch aus einem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung eines Vereins ergeben. Soweit der BFH in seinem Urteil V R 25/76 aus dem Jahr 1984 die Auffassung vertreten hat, Vereine seien in Verwirklichung des Satzungszwecks unter Einsatz des Beitragsaufkommens stets nichtunternehmerisch tätig, hat er diese Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben.
Die Frage, ob zwischen einem Verein und seinen Mitgliedern ein Leistungsaustausch im dargestellten Sinn vorliegt, ist nach den gleichen Maßstäben zu entscheiden wie die Frage, ob von einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter entgeltliche Leistungen erbracht werden. Danach ist entscheidend, ob die Tätigkeit der Gesellschaft dem konkreten Individualinteresse ihrer Gesellschafter dient. Bei einer Werbegemeinschaft (GbR), die aus den Mietern und Grundstückseigentümern eines Einkaufszentrums bestand, hat der BFH die Werbemaßnahmen für das Einkaufszentrum als steuerbare Leistungen der GbR an ihre Gesellschafter angesehen. Die den Leistungsaustausch kennzeichnende Wechselbeziehung zwischen Leistung und Gegenleistung werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Leistungen der GbR für alle Mitglieder gleich seien.
Den für die Annahme eines Leistungsaustauschs erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung hat der EuGH in einem Urteil aus dem Jahr 1988 verneint. Es handelte sich um eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, bei der die Erzeuger von Äpfeln und Birnen aufgrund einer Verordnung Mitglied waren und Pflichtbeiträge entrichten mussten. Der EuGH hat darauf abgestellt, dass die Dienstleistungen dem gesamten Wirtschaftszweig zugutekommen sollten und nicht auszuschließen sei, dass aus den mit den Pflichtbeiträgen finanzierten Werbemaßnahmen nur die Apfelerzeuger und nicht auch die Birnenerzeuger einen Vorteil hätten ziehen können.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 29.10.2008, XI R 59/07, BFH/NV 2009 S. 324