Leitsatz

Ausgaben zur Tilgung einer Bürgschaftsverpflichtung durch den Arbeitnehmer einer Gesellschaft führen auch dann zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, wenn eine Gesellschafterstellung vereinbart ist.

 

Sachverhalt

K war leitender Angestellter einer GmbH. Alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer waren B und C. Die GmbH geriet 1999 in eine Krise. Nachdem Kredite zunächst nicht gewährt worden waren, sollte K als weiterer Gesellschafter bei gleichzeitiger Kapitalerhöhung aufgenommen und zum Geschäftsführer bestellt werden. Daraufhin wurden Kredite gegen Bürgschaften von B, C und K gewährt. Allerdings kam es nicht mehr zur Eintragung der Kapitalerhöhung ins Handelsregister; die GmbH stellte Insolvenzantrag. Das Arbeitsverhältnis von K endete. K wurde aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Nach einem Vergleich bezahlte K einen Teilbetrag, den er als (nachträgliche) Werbungskosten bei seinen Lohneinkünften erfolglos geltend machte. Deren Abzug gewährte erst der BFH.

 

Entscheidung

Aufwendungen für die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft können als nachträgliche Werbungskosten bei den Lohneinkünften geltend gemacht werden, wenn die Übernahme der Bürgschaft beruflich veranlasst war. Das ist im Grundsatz geklärt und löst nur noch dann einen Streit mit dem Finanzamt aus, wenn der Steuerpflichtige nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Gesellschafter seines Arbeitgebers ist. Dann kann die Übernahme der Bürgschaft auch durch seine Gesellschafterstellung veranlasst sein.

Die Frage, welcher Einkunftsart die Aufwendungen zuzurechnen sind, entscheidet sich aufgrund der Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls danach, zu welcher Einkunftsart sie die engere Beziehung haben. Dieser Maßstab ist allerdings nur für Fälle wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer präzisiert: Die Finanzhilfe soll dann weniger durch die berufliche Tätigkeit und mehr durch die Gesellschafterstellung veranlasst sein. Der Aufwand aus der Bürgschaftsinanspruchnahme kann dann als nachträgliche Anschaffungskosten nach § 17 EStG angesetzt werden.

Im Streitfall hat K nie eine Beteiligung erlangt. Daher verdrängt der zusätzliche Veranlassungszusammenhang zur künftigen Gesellschafterstellung den Zusammenhang zu den Lohneinkünften nicht. Eine die Einkünfte mindernde Berücksichtigung des Aufwands als Auflösungsverlust kommt angesichts der nicht erreichten Gesellschafterstellung nicht in Betracht. Ein Abzug der offensichtlich im steuerbaren Bereich angefallenen Aufwendungen – die Übernahme der Bürgschaft stand im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerstellung des K – ist aber im Hinblick auf das objektive Nettoprinzip geboten. Daher sind die Aufwendungen zur Tilgung der Verpflichtung aus der Bürgschaftsübernahme als Werbungskosten abziehbar.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 16.11.2011, VI R 97/10.

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